Meinung

Süddeutsche Zahlenspiele

Leo Fischer Foto: dpa

Nach Wochen kriegerischer Auseinandersetzungen auf Webseiten und in Zeitungsspalten fällt für viele deutsche Journalisten die Zwischenbilanz des Gaza-Konflikts enttäuschend aus. Der Ton in den Online-Foren sei noch nicht enthemmt, nicht geifernd genug; oft kämen sogar Freunde Israels oder alternative Quellen zu Wort, weswegen sie oft gleich ganz abgeschaltet werden müssten.

Vor allem: Die Opferzahlen sind bei weitem nicht so rund, wie man das von anderen Konflikten gewohnt ist. Stellvertretend für viele bedauert Detlef Esslinger in der »Süddeutschen« die Unverhältnismäßigkeit der israelischen Maßnahmen: »Im Gaza-Konflikt sind bislang 1300 Palästinenser sowie 56 Israelis gestorben; diese Verhältnisse deuten nicht darauf hin, dass Israel nur das tut, was landläufig unter ›verteidigen‹ verstanden wird.« So stand es dort am 31. Juli.

standards Laut der international anerkannten Lex Esslinger darf nämlich nur dann von Verteidigung gesprochen werden, wenn auf Seiten des Verteidigers mindestens halb so viele Menschen umkommen wie auf Seiten des Angreifers, lieber noch ein bisschen mehr.

Alles, was darunterbleibt, ist auf jeden Fall unverhältnismäßig und kann gegebenenfalls nachträglich eingeklagt werden. Um den hohen Standards deutscher Leitartikler zu genügen, sind die israelischen Behörden aufgerufen, künftig zum einen mindestens zweimal die Woche das Abwehrsystem »Iron Dome« herunterzufahren, um eine ausgeglichene Opferzahl zu gewährleisten, zum anderen die animalische Blutgier der Streitkräfte durch die Gabe starker Beruhigungsmittel zu zügeln.

Wie auch sein »taz«-Kollege Daniel Bax kritisiert Esslinger darüber hinaus die einseitige Solidarisierung deutscher Juden mit Israel; Bax sind auf den Demos auch zu viele Israelfahnen unterwegs. Denn viele Juden ignorieren, dass es auch andere Orte gibt, an denen sie uneingeschränkt willkommen sind, etwa in Grönland, in der sibirischen Tundra oder bei Daniel Bax zu Hause, wo für sie jederzeit eine Luftmatratze zur Verfügung steht, falls es mal brenzlig werden sollte.

Wer ein Zeichen gegen deutschen Antisemitismus setzen will, sollte dies am besten auch mit einer deutschen Fahne tun, eventuell sogar mit Friedenssymbolen wie dem Palästinensertuch. Keinesfalls zielführend sind hingegen öffentliche Bekundungen der Angst, Opfer von Antisemiten zu werden. Dies schadet dem Ruf des Industrie- und Toleranzstandorts Deutschland.

Der Autor ist freier Publizist und war Chefredakteur der »Titanic«.

Jerusalem

Israels Regierungschef wirft Australien Tatenlosigkeit gegen Judenhass vor

Nach einem Anschlag in Sydney fordert Netanjahu von Australien entschlosseneres Handeln gegen Judenhass. Er macht der Regierung einen schweren Vorwurf

 14.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025

Terror in Sydney

Zivilist entwaffnet Angreifer und wird als »Held« gefeiert

Zwei Männer schießen auf Teilnehmer einer Chanukka-Feier in Sydney: Es gibt Tote und Verletzte. Ein Video soll nun den mutigen Einsatz eines Passanten zeigen

 14.12.2025

Australien

Merz: »Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«

Bei einem Anschlag auf eine Chanukka-Feier in der australischen Metropole gab es viele Tote und Verletzte. Der Bundeskanzler und die Minister Wadephul und Prien äußern sich zu der Tat

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror in Sydney

Zentralrat der Juden: »In Gedanken bei den Betroffenen«

Der Zentralrat der Juden und weitere jüdische Organisationen aus Deutschland äußern sich zu dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier im australischen Sydney

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror

Polizei: 9 Tote bei Angriff in Sydney

Was bislang bekannt ist - und was nicht

 14.12.2025

Australien

Mindestens zwölf Tote bei antisemitischem Massaker in Sydney

Australien ist im Schockzustand: Zwei Attentäter schossen am Sonntag auf Juden, die sich in Bondi Beach zu einer Chanukka-Feier versammelt hatten

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025 Aktualisiert