Brüssel

Studie: Härteres Durchgreifen bei Neonazi-Aufmärschen geboten

Teilnehmer beim Lukov-Marsch in der bulgarischen Hauptstadt Sofia 2019 Foto: IMAGO/Zoonar

Immer wieder machen Aufmärsche von Neonazis und Rechtsextremisten in verschiedenen europäischen Städten Schlagzeilen. So waren allein im Februar dieses Jahres Tausende in Budapest, Sofia, Madrid und Dresden, um NS-Kollaborateuren sowie Ereignissen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs zu gedenken.

Die jüdische Organisation B’nai B’rith International veröffentlichte am Dienstag gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung in Brüssel einen umfangreichen Bericht mit dem Titel »On Europe’s Streets: Annual Marches Glorifying Nazism«, der dem Phänomen und seinen Auswirkungen auch für die jüdische Gemeinschaft auf den Grund geht.

Netzwerk Die Studie spricht von einem europaweit organisierten Netzwerk rechtsextremer Gruppen, deren sichtbarer Ausdruck die Aufmärsche seien. Antisemitismus und die Leugnung oder Verfälschung des Holocaust seien dabei Kernelemente. In dem Bericht werden insgesamt zwölf regelmäßig wiederkehrende Aufmärsche und Versammlungen in EU-Staaten unter die Lupe genommen, bei denen es in der Vergangenheit wiederholt zur Verherrlichung von Nazi-Ideologie oder Antisemitismus gekommen war.

Zu diesem Zweck wurden Hassdarstellungen erfasst, grenzüberschreitende Netzwerke rechtsextremer Gruppen dargestellt, Trends bei den Teilnehmerzahlen aufgezeigt und die Reaktionen der jeweiligen Behörden beschrieben.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Zwar gebe es sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene geeignete Instrumente, um Versammlungen, bei denen totalitäre Ideologien, die Leugnung des Holocaust oder Aufrufe zur Gewalt propagiert würden, zu verbieten, so die Studie. Allerdings würden diese von der Justiz nicht immer konsequent angewandt.

WIRKSAMKEIT Wie der Bericht im Einzelnen darlegt, sind die EU-Mitgliedstaaten nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um Aufrufe zur Verbreitung von Hass oder die Glorifizierung totalitärer Regime und Ideologien zu unterbinden oder strafrechtlich zu verfolgen. Dennoch, so die Studie, würden Anzeigen von Staatsanwälten und Richtern oft abgewiesen. Und selbst dort, wo Bedenken ernst genommen und Versammlungsverbote ausgesprochen würden, entfache dies kaum Wirksamkeit.

Alina Bricman, die Leiterin des Brüsseler Büros von B’nai B’rith International, bezeichnete rechtsextreme Märsche als »Brutstätten für transnationale Netzwerke von Extremisten.« Sie stellten ein echtes Sicherheitsrisiko dar, da die Versammlungsteilnehmer vielfach bereits vorbestraft seien und neue Mitglieder rekrutieren, Fachwissen austauschen und illegale Hassreden verbreiten könnten. »Angesichts dieser europaweiten Herausforderung brauchen wir eine starke und einheitliche europäische Antwort der Zivilgesellschaft und der staatlichen Institutionen gleichermaßen«, so Bricman. mth

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025