US-Wahl

Starke Demokratie

Erste Rede als »President-elect«: Joe Biden am 7. November in Wilmington, Delaware Foto: AFP via Getty Images

Joe Biden wird als Präsident viel Glück brauchen, um den mächtigsten und härtesten Job auf Erden erfolgreich zu managen. Donald Trump dagegen wurde abgewählt, weil er ein Essential der Demokratie ignorierte: Ein Staatsoberhaupt muss zuvorderst für einen gesellschaftlichen Konsens sorgen, um seine Politik dauerhaft durchsetzen zu können.

Der Mann im Weißen Haus hat Präsident aller Amerikaner zu sein. Er sollte, um mit den Worten des früheren Bundespräsidenten Johannes Rau zu sprechen, versöhnen, statt zu spalten.

corona-pandemie Weil der New Yorker diese entscheidende Wahrheit ignorierte, stattdessen seine Anhänger immer unverhüllter gegen den Rest der Bevölkerung aufstachelte und so die amerikanische Gesellschaft weiter zersplitterte, was sich während der Corona-Pandemie besonders krass auswirkte, ist Trump unterlegen.

Es ist ein Gebot des Anstands, nach der Niederlage Trumps dessen Leistungen hervorzuheben, statt sich in Schadenfreude zu ergehen.

Es ist ein Gebot des Anstands, nach der Niederlage Trumps dessen Leistungen hervorzuheben, statt sich in Schadenfreude zu ergehen. Der 45. Präsident war kein Berufspolitiker, doch er stand zu seinen Wahlversprechen. Zudem versteht Trump etwas von Wirtschaft. Er senkte die Steuern und verstetigte damit einen – auch durch Schulden getriebenen – Boom: Die Unternehmen verdienten besser, die Börse erklomm neue Höchststände, es wurden so viele Jobs wie nie zuvor geschaffen, die Löhne stiegen, und die Arbeitslosigkeit verlöschte.

Trump begnügte sich als erster Präsident nicht damit, das wachsende Handelsdefizit mit China zu beklagen, dessen Ursache unter anderem das Preisdumping chinesischer Produkte und der vielfältige Patentdiebstahl des Landes sind. So wurde die deutsche Solarzellenproduktion zerstört. Die deutsche Autoindustrie machte sich abhängig von Peking. Die Länder Afrikas werden ebenfalls von China dominiert. Trump scheute sich – anders als die Europäer – nicht, diese Praktiken Pekings anzuprangern und einen Handelskrieg zu riskieren. So wurden zumindest Verbesserungen erreicht.

ironie Es ist eine Ironie, dass die USA Anfang des Jahres ebenso wie die übrigen Länder aus China die Corona-Plage, von Trump China-Virus genannt, importierten. Dadurch sah der Präsident die US-Ökonomie gefährdet und redete die Pandemie wider besseres Wissen klein.

Das bewusste Ignorieren der Gefahr kostete Hunderttausende Amerikaner das Leben. Das entlarvte die Skrupellosigkeit Donald Trumps. Seine Siegchance bei der Wahl war ihm mehr wert als die Gesundheit seiner Landsleute. Nicht allein Trump trug Verantwortung, aber sein Anteil war entscheidend, er kostete ihn Vertrauen in der politischen Mitte und damit die Wahl.

Der Mann im Weißen Haus hat Präsident aller Amerikaner zu sein.

Bemerkenswert ist der jüdische Faktor. 77 Prozent der US-Juden haben sich für Biden entschieden. Dies, obgleich Trump in Israel hohe Popularität genießt und er sich eine Reihe Verdienste um die Sicherheit Zions und die Befriedung des Nahen Ostens erwarb. Die amerikanischen Juden sind in erster Linie Bürger ihres Landes, sie haben andere Interessen als die Israelis. Das Gerede von ihrer doppelten Loyalität ist antisemitisch.

jerusalem Trump hatte wie eine Reihe seiner Vorgänger versprochen, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die US-Botschaft in die David-Stadt zu verlegen. Barack Obama hatte während seines ersten Wahlkampfs in Jerusalem und später in den USA erklärt, ein geeintes Jerusalem sei Israels Hauptstadt, er werde als Präsident dafür sorgen, dass die US-Botschaft dort sei.

Man weiß, dass er sein Versprechen, das einem US-Gesetz aus dem Jahre 1980 entspricht, gebrochen hat. Ebenso wie seine Vorgänger. Obgleich Trump den Umzug der Botschaft nach Jerusalem anordnete, brachte er den arabisch-israelischen Friedensprozess voran.

Unterdessen haben eine Reihe arabischer Länder Frieden mit Israel geschlossen und den jüdischen Staat in ihrer Mitte anerkannt: Dies war nur möglich mit der stillen Unterstützung des mächtigen Saudi-Arabien. Trumps Hilfe für den arabisch-israelischen Frieden war nicht seinen relativ wenigen jüdischen Wählern geschuldet, sondern den über 40 Millionen Evangelikalen. Sie sind die treuesten Unterstützer Zions.

iran Trump hat den Nukleardeal mit Iran gekündigt, an dem auch Berlin festhält. Der Präsident tat dies, weil das Beschwichtigungsabkommen das Mullah-Regime mit Milliarden belohnt. Das Geld setzt Teheran ein, um die Konflikte in der Region, etwa in Syrien, Libanon, Irak, Gaza, Jemen, anzuheizen und die Weltgegend immer weiter zu destabilisieren. Jemen und Libanon wurden dank dem Iran zu »Failed States«.

Die Priorität Joe Bidens wird sein, die zahlreichen Wunden der amerikanischen Gesellschaft zu heilen.

Joe Biden befürwortet den Deal mit Teheran. Er sollte seine Haltung nochmals überprüfen, denn die Folge neuer Geldströme nach Iran wäre eine Ermutigung für einen Expansionismus der Mullahs.

Die Priorität Joe Bidens wird sein, die zahlreichen Wunden der amerikanischen Gesellschaft zu heilen. Wenn ihm das einigermaßen gelingt, wird er ein großer Präsident sein – und damit den Weltfrieden sichern helfen. Außenpolitisch wird Biden die NATO revitalisieren. Das wird vor allem für Deutschland teuer werden.

Der Autor ist Politikwissenschaftler und Schriftsteller. Zuletzt erschien von ihm der Familienroman »Hannah und Ludwig. Heimatlos in Tel Aviv«.

Israel

Netanjahu: »Null Toleranz bei Übergriffen radikaler Juden«

Israel setzt sich voll und ganz für den Schutz des heiligen Rechts auf freie Religionsausübung ein, betont der Premier

von Andrea Krogmann  03.10.2023

Bundeswehr

Jüdische Soldaten warnen vor AfD - »Wir sind erschrocken«

BjS: Eine Partei, die als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird, ist unwählbar

 03.10.2023

USA

Jüdische Persönlichkeiten rufen Werbekunden zu Boykott von Musks X auf

Die Plattform habe sich zu einer »Brutstätte für Judenhass« entwickelt

von Imanuel Marcus  03.10.2023

Brandenburg

Gunter Demnig verlegt neue Stolpersteine in Spremberg

Sie erinnern unter anderem an Nathan Bernfeld und seine Frau Ellen

 03.10.2023

Mexiko

Señora Präsidentin!

Frauen übernehmen ein Macho-Land

von Andrea Sosa Cabrios  03.10.2023

Streitgespräch auf X

Elon Musk diskutiert über Antisemitismus-Vorwürfe

Der umstrittene X-Chef sieht sich als Freund der Juden, will antisemitische Hass-Posts aber nicht löschen

von Michael Thaidigsmann  02.10.2023

Berlin

»Für eine lebendige Erinnerungskultur jenseits des Versteinens«

Michael Wolffsohn ist mit dem Landesorden ausgezeichnet worden

 02.10.2023

Bill Ackman

Umstrittener Investor könnte Musk X abkaufen

Kurznachrichtenplattform hat Milliarden-Schulden

von Nils Kottmann  02.10.2023

Laphonza Butler

Nachfolgerin für verstorbene Senatorin Feinstein

Die jüdische Politikerin saß 21 Jahre im Senat. Jetzt ist klar, wer die Neubesetzung des vakanten Sitzes übernimmt

 02.10.2023