Meinung

Sprache als Waffe

Sprache ist ein oft unterschätztes Machtinstrument und Mittel zur Ausübung von Gewalt. Wir sehen seit Jahren die Zunahme von Hasssprache, aber auch massiver De-Realisierung, zum Beispiel als Verschwörungsfantasien. Es handelt sich dabei um verbale Konstrukte, die jedoch für viele Menschen den Status von Tatsachen haben. Sie sind von der Wahrheit dieser »alternativen Fakten« überzeugt und wehren Gegendarstellungen als »Indoktrination der Lügenpresse« ab.

Hasssprache ist eine Form der geistigen Gewaltanwendung. Mentale Gewalt greift die Würde von Menschen an, degradiert Menschen, verletzt sie seelisch, liefert sie anderen aus. Dass ein hassgetriebener Sprachgebrauch das Klima für nicht-verbale Gewalthandlungen schaffen kann, zeigt die NS-Zeit: Vor »Auschwitz« stand das Wannseeprotokoll, davor Mein Kampf und »Der Stürmer«; das judenfeindliche Klima wurde intensiviert durch Artikel, Pamphlete, Boykottaufrufe, Rassengesetze – alles sprachliche Gebilde.

freud Gewalt beginnt im Kopf: Demagogie, Volksverhetzung, Hate Speech basieren alle auf dem persuasiven Potenzial von Sprache. Sigmund Freud nannte dies »die Macht des Wortes«. Äußerungen aktivieren nach Millisekunden im Gehirn Bedeutungen, evozieren Gefühle, verfestigen Einstellungen. Oft konstruieren sie aufgrund ihrer Semantik Weltdeutungen mit Handlungsoptionen, zum Beispiel durch dämonisierende Wörter wie »Menschenfeinde« oder »Kindermörder«.

Sprache bildet nie nur Realität ab, sie erzeugt sie auch. Es bilden sich Narrative, die den Meinungsbildungsprozess einer Gesellschaft maßgeblich beeinflussen. Es gibt nie »nur Sprache«. Sprache ist immer Macht: Sprachliche Äußerungen können das kollektive Bewusstsein nachhaltig beeinflussen, im negativen wie im positiven Sinne. Argumentative Aufklärung ist dabei immer noch das beste Mittel gegen die »alternativen Fakten« dieser Welt. Das wusste auch Kurt Tucholsky: »Die Sprache ist eine Waffe, haltet sie scharf.«

Die Autorin ist Linguistin an der TU Berlin und organisiert dort am 15. Juli den Workshop »Verbaler Fundamentalismus oder Wie Sprache Realitäten konstruiert«.

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025