Meinung

Solidarität allein reicht nicht

Selbstverständlich freut es mich, wenn nichtjüdische Menschen gemeinsam mit uns öffentliche Zeichen der Solidarität setzen. Es hilft auch etwas dabei, sich selbst in unruhiger werdenden Zeiten wie diesen zu beruhigen, im Sinne von »Noch ist es für uns jüdische Bürger in Deutschland nicht so gefährlich, als dass wir uns nicht mehr sicher fühlen könnten.«

Aus genau diesem Grund bin ich dankbar für all diejenigen Düsseldorfer, die nach dem letzten antisemitisch motivierten Angriff auf einen Jugendlichen mit Kippa mitten im Herzen der Stadt spontan eine Solidaritätsveranstaltung auf die Beine gestellt haben. Dennoch dürfen wir uns nichts vormachen. Allein mit Solidarität werden wir den immer stärker auftretenden und sich in offener Gewalt ausdrückenden Antisemitismus nicht in den Griff bekommen.

Maßnahmen Solidarisch mit uns zeigen sich Menschen, die uns wohlgesonnen sind und ein Zeichen setzen wollen. Den Antisemiten, welcher Prägung auch immer, erreicht man nicht: höchstens, um als Gegendemonstrant die Veranstaltung womöglich noch zu stören. Seien wir ehrlich: Allein mit Antisemitismusbeauftragten auf Landes- und Bundesebene wird der Kampf gegen Judenhass, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht zu führen sein.

Diese Posten müssen mit ausreichenden Entscheidungskompetenzen, Personal- und Finanzressourcen ausgestattet werden, sonst bleibt es ein Kampf gegen Windmühlen. Zur bitteren Wahrheit gehört auch: Der Antisemitismus sitzt in der Mitte der Gesellschaft. Den Finger auf die anderen zu richten, fällt leicht, bringt uns jedoch nicht weiter.

Die Politik muss endlich eingestehen, dass die Wurzel des Übels nicht erst vor Kurzem importiert wurde, dass es keine Einzelfälle sind, sondern wir es mit einer verbreiteten Gesinnung zu tun haben. Verharmlosen geht nicht mehr, es geht um die jüdische Zukunft in diesem Land. Daher sind Taten statt Worte gefragt – mit Solidarität als Zuschlag.

Der Autor ist Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025