Die Bevölkerung in Deutschland hält laut einer aktuellen Umfrage die AfD mehrheitlich für rechtsextrem, lehnt ein AfD-Verbotsverfahren aber dennoch ab. Laut der repräsentativen Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstag) stuft mehr als jeder und jede zweite Befragte (54 Prozent) die Partei als rechtsextrem ein.
Gleichwohl sprechen sich fast ebenso viele (52 Prozent) gegen ein Verbotsverfahren aus und nur ein gutes Viertel (27 Prozent) dafür. In Ostdeutschland seien sogar Zweidrittel der Befragten gegen ein Parteiverbot, hieß es weiter.
»Ein Grund für die überwiegend kritische Haltung zu einem Verbot liegt in der Vertrautheit der Mehrheit mit Sympathisanten der Partei«, schreibt Allensbach-Geschäftsführerin Renate Köcher in dem Namensbeitrag für die Zeitung. Zweidrittel (67 Prozent) der Westdeutschen und eine überwältigende Mehrheit von 88 Prozent der Ostdeutschen haben demnach in ihrem Bekanntenkreis Anhänger der AfD.
Anders eingeschätzt
Diese würden völlig anders eingeschätzt als die Partei selbst: Nur ein Bruchteil der Befragten (5 Prozent) hat von den Sympathisantinnen und Sympathisanten, die sie kennen, den Eindruck, diese seien rechtsextrem.
Zudem unterstellten viele den Parteien, die ein AfD-Verbotsverfahren befürworten, diese wollten sich nur einer zu stark gewordenen Konkurrenz entledigen.
Eine Mehrheit favorisiert eine inhaltliche Auseinandersetzung. Auch rechnet eine Mehrheit der Befragten (54 Prozent) damit, dass sich rasch eine neue Partei mit ähnlicher Ausrichtung gründen würde, sollte die AfD verboten werden.
Die Befragung ergab auch ein »steil angewachsenes« Potenzial für die AfD: Über mehrere Jahre hinweg habe sich weniger als ein Fünftel der Bevölkerung (15 bis 19 Prozent) vorstellen können, die AfD bei Wahlen zu unterstützen. 2023 sei dieser Anteil auf 22 Prozent gestiegen und aktuell betrage er rund ein Drittel (33 Prozent).
Schnittmenden mit BSW
Die AfD-Anhängerschaft, schreibt Köcher weiter, unterscheide sich »gravierend von den Anhängern aller anderen Parteien«. Am ehesten gebe es noch Schnittmengen mit der geschrumpften Anhängerschaft des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW). »Die Anhänger der Linken sind völlig anders gepolt und weitaus näher an den Mitte-Parteien als AfD-Anhänger«, heißt es.
Wer mit der AfD sympathisiere, habe mehrheitlich, anders als die Mehrheit der Bevölkerung, »keinerlei Vertrauen, dass die Herausforderungen, vor denen Deutschland steht, bewältigt werden«. 69 Prozent von ihnen seien mit dem demokratischen System des Landes unzufrieden, nur eine Minderheit halte die Soziale Marktwirtschaft für ein überzeugendes System.
Ebenso sähen AfD-Anhängerinnen und -Anhänger die Mitgliedschaft in der Europäischen Union sowie im westlichen Verteidigungsbündnis Nato kritisch.
Schweitzer will Verbot
Inzwischen sei der Anteil der potenziellen AfD-Wählerschaft, der sich mit seinen Sorgen und Interessen nur noch bei der AfD gut aufgehoben fühle, von 34 Prozent vor zwei Jahren auf 41 Prozent gewachsen. Das Institut für Demoskopie Allensbach befragte zwischen dem 4. und dem 16. Juli insgesamt 1054 Personen.
Unabhängig von der Allensbach-Umfrage zeigte sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) im Interview mit der »Welt am Sonntag« grundsätzlich offen für ein AfD-Verbotsverfahren. Die Zustimmungswerte der Partei seien kein Gegenargument, unterstrich er: »Es geht darum, unsere Demokratie zu festigen und zu schützen. Da kann man doch nicht sagen, es sind viele, dann lassen wir es lieber.«
Wenn eine Partei nach übereinstimmender Auffassung von Bundestag und Bundesrat »das Ziel und das Potenzial hat, unsere Verfassung umzustoßen, dann ist es das Recht und die Pflicht der Verfassungsorgane, dagegen etwas zu unternehmen«, erklärte der SPD-Politiker. Er wünsche sich aber, »dass es gut vorbereitet ist und nicht vorschnell in Gang gesetzt wird«. epd