Interview

»Sie wollen nicht mitgestalten«

Frau Brum, die Debatte um die Berliner Lehrerin Ursula Sarrazin wirft die Frage auf, wie viel Strenge gegenüber Schülern angemessen ist. Wie halten Sie es damit?
Ich würde lieber von Konsequenz sprechen. Die ist sehr wichtig für Kinder. Allerdings muss sie immer mit Fürsorge gepaart sein. Ein Kind kann einer Aufforderung nur dann Folge leisten, wenn es sich vom Lehrer auch angenommen und getragen fühlt.

Etwa ein Drittel Ihrer Schüler kommt aus russischsprachigen Zuwandererfamilien. Diese gelten als bildungsorientiert. Wie macht sich das an Ihrer Schule bemerkbar?
Wir stellen fest, dass sich viele dieser Familien zurückziehen und im privaten Leben sehr stark ihre Herkunftskultur pflegen. Häufig ist es so, dass die Familien das, was sie von Schule erwarten, in Deutschland nicht finden – weder an staatlichen noch an jüdischen Schulen. Deshalb begegnen sie uns Pädagogen häufig mit einem gewissen Vorbehalt. Leider gibt es kaum Schulen, an denen die russischsprachigen Eltern konzeptionell mitarbeiten.

Warum nicht?
Das frage ich mich auch. Eigentlich wäre es bei einem so großen Anteil einer bestimmten Gruppe an einer Schule, wie das bei uns der Fall ist, normal, dass der Charakter der Schule von dieser Gruppe mitbestimmt und -gestaltet würde. Aber leider lassen sich die russischsprachigen Eltern nur schwer einbe- ziehen. Wir haben es nie geschafft, sie so zu gewinnen, dass sie sich als Gruppe an unserer Schule wiederfinden.

Wie erklären Sie sich, dass die Eltern die Schule nicht mitgestalten wollen?
In der ersten Generation waren sie sicherlich vor allem damit beschäftigt, sich eine neue Existenz aufzubauen. Und gewiss spielt auch eine Rolle, dass sie aus einem Land kommen, in dem die Mitbestimmung der Eltern nicht dazugehörte. Viele russischsprachige Mütter und Väter erwarten, dass sie ihr Kind in der Schule abgeben und es dann dort unterrichtet, geführt und geleitet wird. So kennen sie es aus ihrer alten Heimat. Die Erwartung, dort etwas mitzugestalten, besteht einfach nicht – selbst in der jetzigen Elterngeneration, die ja zum Großteil schon hier in Deutschland aufgewachsen ist.

Wie lässt sich das ändern?
Gemeinsam mit Psychologen und Soziologen, die selbst russischsprachige jüdische Zuwanderer sind, sollte das Phänomen untersucht werden. Zusammen müssten wir über- legen, wie wir diese tradierten Erwartungen verändern und die Eltern einbinden können. Vielleicht haben ja auch wir Fehler gemacht. Ich denke, es ist an der Zeit, unseren Kommunikationsstil zu überprüfen. Möglicherweise liegen da Fallstricke, von denen wir gar nichts ahnen. Wir brauchen dringend gemeinsame Fortbildungen mit Zuwanderern, die uns beibringen, wie man miteinander umgeht. Wir müssen eine Keimzelle bilden, um dieses Problem, das ja auch die Gemeinden betrifft, endlich anpacken zu können.

Mit der Rektorin der I.-E.-Lichtigfeld-Schule in Frankfurt am Main sprach Tobias Kühn.

Thüringen

Jüdische Landesgemeinde und Erfurt feiern Chanukka

Die Zeremonie markiert den Auftakt der inzwischen 17. öffentlichen Chanukka-Begehung in der Thüringer Landeshauptstadt

 08.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seinem Amtsantritt in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 08.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025