Trauer

»Seit Freitag ist nichts mehr, wie es war«

Gedenkgottesdienst am Sonntag im Würzburger Kiliansdom Foto: picture alliance/dpa

Eine eigentümliche Stille. Jeder, der Würzburg kennt, merkt, dass etwas anders ist. Selbst, wenn er tagelang keine Nachrichten gehört oder Zeitungen gelesen hätte. Die Straßenbahn rumpelt zwar vorbei, man hört Stimmen, Brunnen plätschern - aber diese Lebendigkeit, die sonst die Würzburger Innenstadt bei Sommerwetter prägt, sie ist weg. Eine ganze Stadt trauert um die drei Toten und bangt mit den Verletzten der brutalen Messerattacke vom Freitag.

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Wie schwer diese Tat neben den Angehörigen der Toten und den vielen Verletzten die ganze Stadt getroffen hat, bringt Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) am Samstag in einem offenen Brief zum Ausdruck: »Ich habe gestern Abend geweint«, schreibt er darin. »Geweint um die Opfer und die Angehörigen«, aber auch »um unsere Stadt«. Bei einer Kranzniederlegung mit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnt er am Sonntag davor, die Tat »reflexartig politisch zu instrumentalisieren«.

Vor Beginn der Gedenkfeier im Kiliansdom am Nachmittag herrscht in der Kathedrale die gleiche außergewöhnliche Stille wie vor der Tür. Es gibt fast keine Platzgespräche, die Menschen warten still darauf, dass das ökumenische Gedenken beginnt. Angehörige der Opfer sind auch dabei.

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Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, der in Würzburg lebende Josef Schuster, sagt, in seiner Heimatstadt sei »seit vergangenem Freitag nichts mehr, wie es war«. Seine Gedanken sind bei den Opfern, den Angehörigen und allen, die diese schlimme Tat miterleben mussten.

Nun gelte es, »jeden Versuch abzuwehren, unsere Gesellschaft weiter zu spalten«, betont Schuster. So schlimm das Erlebte sei, so hoffe er, dass die Stadtgesellschaft dadurch »noch stärker zusammengeschweißt« werde.

Würzburgs katholischer Bischof Franz Jung sagt in seiner Predigt: »Die Hilflosigkeit führt uns an unsere Grenzen und zeigt uns unsere Endlichkeit.« Gerade in dieser Hilflosigkeit wollten die Kirchen »Präsenz zeigen«.

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, der in Würzburg lebende Josef Schuster, sagt, in seiner Heimatstadt sei »seit vergangenem Freitag nichts mehr, wie es war«.

Die Ansbach-Würzburger Regionalbischöfin Gisela Bornowski sagt, manche Lasten im Leben seien derart schwer, »dass man darunter auseinanderbricht«. Der vergangene Freitag sei »gerade noch ein fröhlicher Nachmittag, an dem sich alle freuen, dass endlich wieder mehr Leben« trotz der Corona-Pandemie möglich ist: »Und dann ist plötzlich alles anders.« Bornowski dankt den Einsatzkräften und den Mitbürgern, die den Täter in Schach gehalten und damit noch Schlimmeres verhindert hätten.

Ministerpräsident Söder wirkt bei seiner kurzen Rede im Kiliansdom bewegt und angefasst: »Es tut so weh, es ist einfach unfassbar.« Er warnte davor, diese »hasserfüllte Tat«, die »die Angehörigen, die ganze Stadt und uns alle ins Herz« getroffen habe, mit Hass oder Rache zu beantworten. Klischees oder Vorverurteilungen würden den Opfern und Angehörigen nicht helfen, sondern nur noch weitere Wunden reißen: »Gut und Böse sind keine Frage von Religion oder Nationalität«, sagt Söder.

Die Ermittler stufen den Mann vorläufig als psychisch belasteten Einzeltäter ein. Sie prüfen aber auch ein mögliches islamistisches Motiv.

Die Stadtspitze hatte die Menschen am Wochenende gezielt zur Stille aufgefordert. »Wir möchten zu einem stillen Sonntag in der Stadt aufrufen«, sagte Oberbürgermeister Schuchardt. Daher werde im »Kiliani-Sommergarten, der als Ersatz für das wegen Corona abgesagte Volksfest derzeit am Mainufer stattfindet, am Sonntag auf »Musik, Werbung und Durchsagen« verzichtet. »Es gibt viel, was wir nun verarbeiten müssen, ein wenig Stille wird uns dabei helfen.«

Weshalb der 24-jährige Somalier am Freitag drei Frauen im Alter von 82, 49 und 24 Jahren in einem Kaufhaus mit einem Küchenmesser erstochen hat, ist nach wie vor unklar. Nach der Tat verletzte der Mann noch mehrere Personen teils schwer. Die Ermittler stufen den Mann vorläufig als psychisch belasteten Einzeltäter ein. Sie prüfen aber auch ein mögliches islamistisches Motiv.

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