Interview

»Sehr nahe am Boykottaufruf«

Frau Müller, wie bewerten Sie die Position der Bundesregierung, die sich in der Beantwortung einer Kleinen Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion für eine Kennzeichnung israelischer Produkte aus dem Westjordanland ausspricht?
Die Bundesregierung verhält sich zu dem Thema nicht anders als sämtliche EU-Mitgliedsstaaten. Bei Anwendung des geltenden EU-Rechts zur Kennzeichnungs- und Herkunftspflicht ergeben sich im Fall des Westjordanlandes zahlreiche Fragen, die durch eine einheitliche Anwendung geklärt werden sollten.

Die Grünen-Anfrage – eine Positionierung für die Kennzeichnung – wurde in Israel heftig als Boykottaufruf kritisiert. Zu Recht?
Leider muss ich da zustimmen – die geforderte Kennzeichnung kommt einem Boykottaufruf sehr nahe, und es stimmt mich nachdenklich, dass unter dem Vorwand informierter Konsumentscheidungen im Grunde nur ein Ziel verfolgt wird, nämlich den Ruf Israels zu schädigen. Es ist der Versuch, einem erfolgreichen Land, das Vorbild für die gesamte Region sein sollte, Steine in den Weg zu legen. Die Abgabe von Boykotterklärungen im Außenwirtschaftsverkehr ist in Deutschland seit 1992 verboten. Die Deutsch-Israelische Wirtschaftsvereinigung lehnt Boykotte grundsätzlich ab. Ich wundere mich, dass so viel Zeit und Ressourcen investiert werden, ausgerechnet die einzige funktionierende Demokratie im Nahen Osten und einen stabilen Partner der EU zu brandmarken.

Diese Kritik an den Grünen üben auch Unions-Politiker. Wäre sie nicht auch gegenüber der Bundesregierung angebracht?
Das bitte ich die betroffenen Unions-Politiker zu fragen.

Sehen Sie die deutsch-israelischen Beziehungen belastet?
Es gab in der Vergangenheit immer wieder Debatten, die vor allem im extrem linken und autonomen politischen Lager angesiedelt waren. Antiisraelische Meinungsmache gab es immer und wird es wohl immer geben. Selbstverständlich ist das nicht förderlich, doch in Anbetracht der Verlässlichkeit unserer Beziehungen würde ich davon ausgehen, dass mittel- und langfristig kein ernst zu nehmender Schaden zu erwarten ist. Umso wichtiger ist es aber auch, dass die Bundesregierung ihre Position klar zugunsten des EU-Assoziierungspartners Israel bezieht.

Welche konkreten Auswirkungen wird diese Entscheidung nun haben?
Konkret wird das Handelsvolumen beeinträchtigt werden. Und Tausende palästinensische Arbeitnehmer werden um ihren Arbeitsplatz bangen müssen. Wenn es keine einvernehmliche Lösung gibt, wird Israel sich weiter in Richtung anderer Zielmärkte orientieren. Das wäre schade und auch für uns Europäer ein großer Verlust. An einer starken und wachsenden Wirtschaft kann uns nur gelegen sein – zur Stärkung unseres Partners in der Region und als Absatzmarkt für deutsche und europäische Produkte.

Das Interview mit der Präsidentin der Deutsch-Israelischen Wirtschaftsvereinigung führte Detlef David Kauschke.

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025