Meinung

Schweden: Asylantrag im eigenen Land

In Stockholm gab es in diesem Herbst zum 21. Mal das Jewish Film Festival, ein Klezmer-Konzert und vieles mehr. Es scheint, als wäre mit dem jüdischen Leben in Schweden alles in Ordnung. Aber wissen Sie was? Für uns ist das nicht in Ordnung, und das ist nicht okay.

Das Schächten ist in meinem Land seit 1937 verboten, und gerade diskutiert das Parlament einen Gesetzentwurf, ob nicht auch der Import und das Anbieten koscheren Fleisches zu verbieten sei. Auch die Beschneidung von Jungen, eine weitere Säule des jüdischen Glaubens, ist bedroht. Wenn es um unsere religiösen Traditionen geht, finden die Rechte und die Linke in Schweden schnell ihre Gemeinsamkeiten; da sind sie sehr stolz darauf, sowohl Tiere als auch Kinder vor unseren »barbarischen Praktiken« in Schutz zu nehmen.

risiko Die Rhetorik ist alt und vertraut, ebenso ihre Wirkungen. Unter den neun Millionen Schweden gibt es etwa 20.000 Juden. Aber sein Judentum zu zeigen, etwa indem man eine Kippa trägt oder einen Davidstern zeigt, bedeutet das ernste Risiko, verbal belästigt oder, schlimmer noch, körperlich verletzt zu werden.

Der kürzlich veröffentlichten Studie der EU ist zu entnehmen, dass die Angst bei Schwedens Juden besonders groß ist: 49 Prozent wollen ihr Judentum nicht öffentlich zeigen, und 80 Prozent berichten, dass der Antisemitismus in den vergangenen fünf Jahren angestiegen ist. Die schwedische Kriminalstatistik bestätigt das: Die Zahl antisemitischer Straftaten hat sich seit 2010 verdreifacht.

Was hier passiert, ist einfach nicht richtig. Menschen aus der ganzen Welt suchen Zuflucht in meinem Land, um endlich frei leben zu können. Ich möchte, dass dies gelingt. Und ich möchte, dass es uns auch gelingt. Nach EU-Recht wird Menschen Asyl gewährt, die begründete Furcht vor Verfolgung ihrer Rasse, ihrer Nationalität oder ihrer Religion wegen haben. Auf Juden in Schweden treffen diese Kriterien zu. Daher habe ich nun den Antrag gestellt, als Flüchtling anerkannt zu werden – nicht in Amerika, nicht in Israel, sondern hier in Schweden, in meinem eigenen Land.

Ist das absurd? Zweifellos. Ich rechne damit, dass mein Antrag abgewiesen wird. Aber das Ziel, um das es mir geht, ist jenseits jeder Absurdität. Wenn es um Leben, Sicherheit und Freiheit ihrer Bürger geht, hat die schwedische Regierung viel versprochen. Dem soll sie nun gerecht werden.

Die Autorin ist Politikberaterin in Schweden. (Wir bedanken uns beim Mosaic Magazine, New York, für die Erlaubnis zum gekürzten Nachdruck.)

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025

Deutschland

Waffen für Anschläge besorgt: Weiteres Hamas-Mitglied festgenommen

Der Mann soll ein Sturmgewehr, mehrere Pistolen und Munition für Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen besorgt haben

 12.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Einmischung

Trump fordert Begnadigung Netanjahus

Israels Regierungschef Netanjahu steht wegen Betrugs, Bestechung und anderer Vorwürfe vor Gericht. Israels Präsident müsse ihn begnadigen, forderte nun US-Präsident Trump - damit er das Land vereinen könne

 12.11.2025

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Verhandlung über Waffenlieferungen an Israel

Insgesamt sechs Kläger wollen vor dem Berliner Verwaltungsgericht in zwei Fällen feststellen lassen, dass der Export deutscher Rüstungsgüter an Israel rechtswidrig war. Eine Entscheidung wird noch für Mittwoch erwartet

 12.11.2025