Bildung

»Schüler emotional ansprechen«

chleswig-holsteinische Kultusministerin und CDU-Bundesvize Karin Prien Foto: Uwe Steinert

Bildung

»Schüler emotional ansprechen«

Karin Prien über Schoa-Literatur im Unterricht, den Umgang mit Erinnerung und die Rolle von Zeitzeugen

von Michael Thaidigsmann  05.01.2023 12:11 Uhr

Frau Prien, die Berufsvereinigung der Deutschlehrer hat die Kultusministerkonferenz aufgefordert, auch im Deutsch­unterricht verpflichtend den Holocaust zu behandeln. Was halten Sie davon?
Die Bildungspläne und Fachcurricula der Schulen sind zum Beispiel bei uns in Schleswig-Holstein schon jetzt offen für jede Form von Literatur zu diesem Thema. Literatur ist in besonderem Maße geeignet zur intensiven Befassung, und ich unterstütze daher den Ansatz. Allerdings braucht es keine besondere Verpflichtung.

Lernen Deutschlands Jugendliche Ihrer Ansicht nach genug über die NS-Zeit und den Holocaust?
Die Schulen in Deutschland nehmen ihren Bildungsauftrag zum Thema NS-Zeit und Schoa sehr ernst und auf vielfältige Weise wahr. Sie tun dies sehr bewusst mit Blick auf die historische Verantwortung auch der nachgeborenen Generationen für das einzigartige Menschheitsverbrechen, das von Deutschen begangen wurde. Die Kultusministerkonferenz hat 2021 zudem eine »Gemeinsame Empfehlung zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule« verabschiedet. Ein richtiges Zeichen hinein in die Schulen und in die Gesellschaft. Die Veränderungen, die in Deutschland durch Einwanderung stattfinden, müssen dabei stärker in den Blick genommen werden.

Was sollte insbesondere an Schulen getan werden, um die Erinnerung an die Schoa wachzuhalten – vor allem, da kaum noch Zeitzeugen leben?
Wichtig ist es, die Schülerinnen und Schüler kognitiv und emotional zu erreichen. Begegnungen mit Zeitzeugen bringen diese unmittelbare Erfahrung, aber auch Gedenkstättenfahrten haben ihren Platz. Die Begegnung mit Nachfahren von Opfern halte ich ebenso für einen richtigen Weg wie das forschende Lernen an Einzelschicksalen aus der Region. Zudem sollten die Schulen die Angebote von jüdischen Gemeinden nutzen, sie zu besuchen. Dicht an ihrer Erfahrungswelt sind etwa Projekte wie »Meet a Jew«.

Viele Jüngere wissen nur noch wenig über die NS-Zeit. Was kann man tun?
Zwei Ansätze sind mir wichtig: einerseits eine emotionale Ansprache, andererseits, den Blick auf jüdisches Leben heute zu richten. Stärken wir bei den Jugendlichen die Begegnung mit der jüdischen Religion, mit jüdischer Geschichte und mit dem heutigen jüdischen Leben! Das kann Unverständnis und vor allem Unkenntnis über die Jüdinnen und Juden als »die anderen« abbauen.

Angesichts des wachsenden Antisemitismus hierzulande: Ist das deutsche »Nie wieder« nicht nur eine hohle Phrase?
Nein. Aber es muss jedem klar sein, dass der zivilisatorische Firnis dünn ist, in Deutschland und weltweit. Der Antisemitismus war nie weg und wird nicht einfach verschwinden. Der Kampf muss in jeder Generation neu geführt und die Mittel müssen immer wieder neu angepasst werden.

Mit der Bildungsministerin von Schleswig-Holstein sprach Michael Thaidigsmann.

Westbank

»Nicht tolerieren«

Israels Politiker und Militärs verurteilen die Angriffe extremistischer Siedler und kündigen harte Konsequenzen an

von Sabine Brandes  26.11.2025

Potsdam

BSW vor Zerreißprobe: Dorst stellt Parteiverbleib infrage

Die jüngsten Ereignisse haben Implikationen für die Landesregierung. Bei nur zwei Stimmen Mehrheit im Landtag könnte jeder Bruch in der BSW-Fraktion ihr Ende bedeuten

 26.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 26.11.2025

Buenos Aires

Milei will 2026 Botschaft in Jerusalem eröffnen

Israels Außenminister Sa’ar erklärte in der argentinischen Hauptstadt, »im April oder Mai« werde die Eröffnung erfolgen

 26.11.2025

Montréal

Air Canada prüft Beschwerde über Palästina-Anstecker in der Form Israels

Der Passagier Israel Ellis beschwert sich über das israelfeindliche Symbol an der Jacke einer Stewardess. Sie habe ihn zudem angeschrien, als sie seine Davidstern-Kette gesehen habe

 26.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  25.11.2025

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  25.11.2025