Kontroverse

Scholz löst Debatte um Stauffenberg aus

»Ich bewundere ihren Mut«, schrieb Olaf Scholz über die Stauffenberg-Attentäter Foto: IMAGO/Christian Spicker

Auch in diesem Jahr wird wieder des Stauffenberg-Attentats vom 20. Juli 1944 gedacht. Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb hierzu auf Twitter: »Heute vor 78 Jahren haben die Frauen und Männer um Oberst #Stauffenberg ihr Leben riskiert, um Hitlers Regime zu stürzen. Ich bewundere ihren Mut und den all derer, die sich den Nazis entgegenstellten. Ihr Opfer verpflichtet uns, stets für die Demokratie einzustehen.« Damit löste Scholz eine alte Debatte erneut aus.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Heute wird der Widerstand von und um Stauffenberg meist als heldenhaft betrachtet. Doch ob Stauffenberg tatsächlich ein Held war – darüber sind sich längst nicht alle einig. Denn Stauffenberg diente elf Jahre lang der Wehrmacht und legte dort eine steile Karriere hin. Das lässt einige an seinem Heldenstatus zweifeln.

Zudem galt er weder als Freund der Demokratie noch der Juden. Kurz nach Kriegsausbruch schilderte er in einem Brief an seine Frau seine ersten Eindrücke aus Polen so: »Die Bevölkerung ist ein unglaublicher Pöbel, sehr viele Juden und sehr viel Mischvolk. Ein Volk, welches sich nur unter der Knute wohlfühlt.« Andere vermuten wiederum, dass Stauffenberg das Attentat aus Frust über den zunehmend erfolglosen Kriegsverlauf verübte.

»Respekt bedeutet nicht, sie als Helden zu verehren«, betont Josef Schuster.

Held – ja oder nein? Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, findet man solle der Gruppe um Stauffenberg Respekt zollen. Jedoch: »Respekt bedeutet nicht, sie als Helden zu verehren.« Es dürfe nicht vergessen werden, »dass diese Männer keine Demokraten waren und einige sogar Antisemiten.« Schuster halte es für falsch, »sie auf einen Sockel zu stellen«, und das trotz »aller Bewunderung für Ihren Mut«.

Zweifel Anna Staroselski, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD), erklärte dazu auf Anfrage: »Sich in einer Diktatur gegen Unrecht zu stellen, erfordert Mut.« Doch einen Menschenrechtsaktivisten sehe sie in Stauffenberg nicht. »Das Glorifizieren vermeintlicher Nazi-Gegner, denen nichts an Demokratie gelegen hat und die sich auch nicht am nationalsozialistischen Judenhass störten, ist undifferenziert und verdeutlicht den innigsten deutschen Wunsch nach einem moralischen Freipass.«

Auch Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), äußerte Zweifel an Stauffenbergs Heldenstatus: »Wir sollten aufhören, in der deutschen Geschichte nach Lichtgestalten zu suchen. Im historischen Kontext hat Stauffenbergs Tat ihren Platz.« Sein Mut habe Anerkennung und Respekt verdient, dennoch weist Beck darauf hin, dass Stauffenbergs Überzeugungen nicht »als Grundlage unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung und Vorbild« sein sollten. »Er war weder ein Demokrat noch ein engagierter Anti-Antisemit.«

Heldenstatus Der jüdische Schriftsteller und Historiker Rafael Seligmann kommt zu einem anderen Fazit: »Obgleich Stauffenberg Hitlers Ernennung zum Kanzler 1933 zunächst begrüßte und ihm als tapferer Soldat diente, billige ich dem Oberst den Heldenstatus zu, denn er hat, anders als viele im politischen, militärischen, theologischen Widerstand schließlich mit den unfruchtbaren Erörterungen Schluss gemacht, ob ein Tyrannenmord statthaft sei.«

»Ich billige ich dem Oberst den Heldenstatus zu.«

Rafael Seligmann, Historiker

Stauffenberg habe erkannt, dass Hitler als »Führer« die »unersetzliche Figur des Nationalsozialismus« war und er so schnell es geht umgebracht werden musste. Stauffenberg habe sein Leben eingesetzt, bis zum letzten Moment gekämpft und »diesen Kampf mit seinem Leben bezahlt. Das ist vorbildlich«, so Seligmann.

Sein Historiker-Kollege Michael Wolffsohn, der von 1981 bis 2012 Professor an der Universität der Bundeswehr München war, findet die Kritik an den Stauffenberg-Attentätern überzogen. »Der Einsatz der zu wenigen deutschen Widerständler gegen Hitler« könne »gar nicht genug bewundert werden«, sagte der Wolffsohn der Jüdischen Allgemeinen. »Nicht alle Widerständler waren lupenreine Demokraten, aber die Alternative, die sie anstrebten, basierte auf der Würde des Menschen.« Dafür hätten die Widerständler ihr Leben geopfert. Wolffsohn habe kein Verständnis dafür, dass einige »dieses Opfer verächtlich machen«.

Hintergrund Der Wehrmachtsoffizier Claus Schenk Graf von Stauffenberg detonierte am 20. Juli 1944 eine Bombe im Hauptquartier Adolf Hitlers im damaligen Ostpreußen. Sein Ziel war Hitlers Tod.

Doch sein Vorhaben, das unter dem Decknamen »Operation Walküre« organisiert wurde, scheiterte. Stauffenberg und drei seiner Komplizen wurden kurz darauf in Berlin erschossen. In den Wochen und Monaten danach richteten die Nazis rund 90 weitere Beteiligte und Unterstützer hin.

Canberra

Jüdischer Ex-Minister wirft Führung Versagen beim Schutz von Juden vor

»Viele von uns haben davor gewarnt, dass dieser Tag kommen würde«, sagte Frydenberg in einem Fernsehinterview

von Imanuel Marcus  15.12.2025

Sydney

Milliardär spendet fast 100.000 Dollar für Helden von Bondi Beach

Für seine Heldentat am Bondi Beach wird der mit Schussverletzungen im Krankenhaus befindliche Ahmed el Ahmed belohnt

 15.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Australien

Polizei: Angreifer in Sydney waren Vater und Sohn 

Weitere Details des judenfeindlichen Terroranschlags werden bekannt

von Denise Sternberg  14.12.2025

Hintergrund

Der Held von Sydney

Laut australischen Medien handelt es sich um einen 43-jährigen muslimischen Vater von zwei Kindern, der einen Laden für lokale Produkte betreibt

 14.12.2025

Jerusalem

Israels Regierungschef wirft Australien Tatenlosigkeit gegen Judenhass vor

Nach einem Anschlag in Sydney fordert Netanjahu von Australien entschlosseneres Handeln gegen Judenhass. Er macht der Regierung einen schweren Vorwurf

 14.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025