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Schoa-Forschung, Schächtverbot, Verfassungsschutz

Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Foto: imago

Schoa-Forschung
Etwa ein Viertel aller in der Schoa ermordeten Juden wurde in den drei Monaten zwischen August und Oktober 1942 getötet. Das geht aus einer neuen Studie des israelischen Professors für mathematische Biologie an der Universität Tel Aviv, Lewi Stone, hervor. Mehr als 1,47 Millionen der insgesamt sechs Millionen getöteten Juden wurden in diesem Zeitraum in den Vernichtungslagern Belzec, Sobibor, Treblinka und Auschwitz sowie durch die Einsatzgruppen ermordet, schreibt Stone im Fachblatt »Science Advances«. Für seine Untersuchung hat Stone vor allem Zahlen des Holocaust-Forschers Yitzhak Arad zu Deportationszügen ausgewertet. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem äußerte sich zurückhaltend zu der Studie. Das bisherige Verständnis der Schoa ändere sich durch die neue Studie nicht grundlegend. ja

Urteil gegen ZDF
Das ZDF wurde von einem Gericht in Krakau wegen seiner TV-Serie Unsere Mütter, unsere Väter zu einer Entschuldigung und einer Geldstrafe verurteilt. Es finde sich dort »eine einseitige und unwahre Darstellung von historischen Fakten«, heißt es; das ZDF will Berufung einlegen. Es geht um eine Szene in dem 2013 ausgestrahlten Dreiteiler, in dem ein Kämpfer der polnischen Heimatarmee die Deportation von Juden so kommentiert: »Weil das Juden sind, und die sind schlimmer als die Kommunisten.« Etliche polnische Gruppen warfen dem ZDF vor, es habe den polnischen Widerstand als antisemitisch diffamiert. Der mittlerweile 94-jährige ehemalige Heimatarmee-Kämpfer Zbigniew Radlowski, der auch im KZ war, hatte das ZDF verklagt. Ihm wurden nun 5000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. epd/ja

Haft wegen Verkauf an Juden
Ein Gericht im Westjordanland hat einen Palästinenser wegen des Verkaufs von Land in Ost-Jerusalem an Juden zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Mann muss zusätzlich Zwangsarbeit leisten, wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete. Nach palästinensischem Recht kann ein Palästinenser für den Verkauf von Land an Ausländer sogar zum Tode verurteilt werden. Der Mann hat nach israelischen Medienberichten eine israelische Aufenthaltsgenehmigung für Ost-Jerusalem und einen US-Pass. dpa

Schächtverbot in Belgien
In weiten Teilen Belgiens ist am 1. Januar das Schächten verboten worden. Das Verbot gilt für die Region Flandern, im September folgt die Region Wallonien. Von einem »Affront gegenüber den europäischen Werten, die wir alle so hochhalten«, spricht Rabbiner Pinchas Goldschmidt, Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz und Oberrabbiner von Moskau. »Immer wieder wird der jüdischen Gemeinde von hochrangigen EU-Offiziellen versichert, dass es kein Europa ohne Juden gebe«, zitiert der Onlinedienst »tachles« Goldschmidt. »Diese Verbote untergraben jedoch diese Äußerungen und gefährden jüdisches Leben.« Das Schächtverbot in Belgien betrifft jüdischen und muslimischen Ritus. Ähnliche Verbote gibt es unter anderem in Schweden, Norwegen, Island, Dänemark und Slowenien. ja

USA: Juden häufiger bedroht
Juden waren nach Angaben der New Yorker Polizei im Jahr 2018 wesentlich häufiger Opfer von Hassverbrechen als andere gesellschaftliche Gruppen. Das berichtet die Agentur JTA. Antisemitische Übergriffe hätten um 22 Prozent zugenommen. Die Anti-Defamation League schätzt, dass etwa zwölf bis 14 Prozent der Amerikaner antisemitisch denken. Diese fühlten sich im aktuellen politischen Klima ermutigt. ja

Verfassungsschutz gegen rechts
Der Verfassungsschutz will verstärkt gegen Rechtsextremismus vorgehen. Das kündigte der neue Präsident des Amtes, Thomas Haldenwang, in der »Süddeutschen Zeitung« an. Die zuständige Abteilung soll um 50 Prozent vergrößert werden. Wie viele Mitarbeiter derzeit dort arbeiten, sagte Haldenwang nicht. Bundesinnenminister Horst Seehofer sagte, das mache deutlich, dass der Staat »nicht blind« ist. »In der öffentlichen Wahrnehmung ist unsere Wahrnehmung im Bereich Rechtsextremismus vielleicht zu kurz gekommen«, sagte Haldenwang. ja

Existenzrecht Israels

Objektive Strafbarkeitslücke

Nicht die Gerichte dafür schelten, dass der Gesetzgeber seine Hausaufgaben nicht macht. Ein Kommentar

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Dortmund

Ermittlungen gegen Wachmann von NS-Gefangenenlager 

Die Polizei ermittelt gegen einen Ex-Wachmann des früheren NS-Kriegsgefangenenlagers in Hemer. Er soll an Tötungen beteiligt gewesen sein - und ist laut »Bild« inzwischen 100 Jahre alt

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Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

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München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025