Staatsbesuch

Schmerz und Stolz

Am Dienstag endete der dreitägige Staatsbesuch des israelischen Präsidenten Isaac Herzog. Es war ein Besuch voller symbolträchtiger Termine, nicht zuletzt weil er im Zeichen des 50. Jahrestages des Münchner Olympia-Attentats von 1972 stand. So brachte es auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf den Punkt: »Ein Besuch des israelischen Präsidenten in Deutschland ist immer etwas Besonderes.«

Ähnliches sagte auch Herzog selbst, als er am Sonntag vom Bundespräsidenten im Schloss Bellevue mit militärischen Ehren empfangen wurde. Auf deutschem Boden zu stehen, bedeute, dass »Vergangenheit und Zukunft, Schmerz und Stolz, Erinnerung und Hoffnung miteinander verschmelzen«.

Die Beziehungen seien manchmal komplex, herausfordernd und schmerzhaft, aber dass sie ebenso freundschaftlich sind, war schnell spürbar. So verzichteten Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender bei der Begrüßung auf dem roten Teppich des Schlosses auf das formelle Händeschütteln. Stattdessen gab es innige Umarmungen vor den Augen der Presse.

Beziehung Die gute Stimmung setzte sich auch kurz darauf bei der gemeinsamen Pressekonferenz fort. Steinmeier und Herzog nannten sich beim Vornamen, lobten einander für gemeinsame Errungenschaften in der israelisch-deutschen Beziehung, erinnerten sogar an gemeinsame Abende im privaten Umfeld, beim gemeinsamen Pressefoto hätten sie ihre Hände kaum fester drücken können.

Es war ein harmonisches Aufeinandertreffen. Doch so herzlich ihr Umgang miteinander war, so deutlich zeigte sich auch ihre Bereitschaft, über manch Unbequemes zu sprechen. Steinmeier räumte einerseits ein, dass der Umgang mit dem Olympia-Attentat von 1972 seitens der deutschen Regierung beschämend war, kündigte an anderer Stelle aber an: »Wir werden die gemeinsame Zeit nutzen, um sicherlich auch ein wenig über israelische Innenpolitik zu sprechen.«

Herzog sprach Tacheles, insbesondere in Bezug auf die für Israel größte Bedrohung: den Iran.

Auch Herzog sprach Tacheles, insbesondere in Bezug auf die für Israel größte Bedrohung: den Iran. Herzog appellierte, dass die internationale Gemeinschaft in diesem Punkt entschlossen handeln sollte. Damit zielte er auf die jüngsten Atomverhandlungen ab. Israel fordert den sofortigen Stopp der Gespräche, denn eine Einigung mit dem Iran würde auch den Erlass von Sanktionen bedeuten. Aus israelischer Perspektive verhindere ein solches Abkommen ebenso wenig, dass der Iran zur Atommacht wird.

Am Montagmorgen ging es für das israelische Staatsoberhaupt zu einem Treffen mit Olaf Scholz ins Kanzleramt. Ihm habe er für die engen Beziehungen beider Nationen gedankt. Diskutiert wurden aber auch strategische, regionale und sicherheitspolitische Fragen, erklärte Herzog im Anschluss auf Twitter.

Gleich danach ein Fototermin in Berlins Mitte: Zusammen mit seiner Frau Michal und Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) spazierte Herzog durch das Brandenburger Tor. Dies fand unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt, auf den umliegenden Dächern waren Scharfschützen positioniert.

Olympia Herzog meldete sich kurz darauf via Twitter mit einem Foto aus dem Flugzeug. Gemeinsam mit Steinmeier war er auf dem Weg nach München, wo er zum 50. Jahrestag des Attentats auf die israelische Olympiamannschaft an die Ermordeten erinnerte. In einer bewegenden Rede hielt er fest: »Jeder einzelne der elf Athleten war eine Welt für sich. Für seine Familie. Für seine Liebsten. Für sein Volk. Jeder einzelne von ihnen hinterließ eine Leere, die niemals gefüllt werden wird.«

Seinen letzten Tag begann Herzog mit einer Rede vor dem Deutschen Bundestag, die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas mit den Worten einleitete: »Ihr Vater war der erste Präsident Israels, der das Reichstagsgebäude aufsuchte. Sie sind der fünfte israelische Präsident, der vor diesem Deutschen Bundestag heute das Wort ergreift.«
Herzog traf in seiner etwa 25-minütigen Ansprache die Ambivalenzen der deutsch-israelischen Beziehung im Kern: »Ich stehe hier mit Träumen und Albträumen, mit Schmerz und Erleichterung, mit Erinnerungen an die Verflechtung von Zerstörung und Wiedergeburt.« Die Gräben der Vergangenheit seien zwar unüberbrückbar, »aber in unserer Zukunft schlummert eine enorme Verantwortung«, betonte Herzog. Dafür erhielt er minutenlangen Applaus und Standing Ovations.

Nach einer Kranzniederlegung am Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin begab sich das israelische Staatsoberhaupt zu seinem letzten und für ihn wohl emotionalsten Termin in die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Sein Vater, Chaim Herzog, war als Offizier dabei, als das Lager 1945 von der britischen Armee befreit wurde. Zum Abschied strich Herzog über jenen Gedenkstein, den einst sein Vater gestiftet hatte. Zuvor hatte er im Bundestag dessen Worte zitiert: »Kein Vergeben bringe ich, kein Vergessen. Nur die Toten haben das Recht zu vergeben. Die Lebenden haben kein Recht zu vergessen.«

Berlin

Wadephul: Keine deutsche Beteiligung an Gaza-Stabilisierungstruppe

Er sei dafür, »dass Deutschland eine vermittelnde Rolle einnimmt, um der Sicherheit Israels Rechnung zu tragen«, so der Außenminister

 26.12.2025

Istanbul

Türkei nimmt 115 mutmaßliche IS-Mitglieder fest

Die Verdächtigen sollen Anschläge während der Weihnachts- und Neujahrszeit geplant haben

 25.12.2025

Australien

Mann solidarisiert sich mit Sydney-Attentätern – Festnahme

Bei dem Verdächtigen wurden Einkaufslisten für den Bau einer Bombe und Munition gefunden. Es erging bereits Anklage

 24.12.2025

Washington

US-Regierung nimmt deutsche Organisation HateAid ins Visier

Die beiden Leiterinnen wurden wegen angeblicher Zensur amerikanischer Online-Plattformen mit Einreiseverboten belegt. Die Bundesregierung protestiert

 24.12.2025

Großbritannien

Israelfeindlicher Protest: Greta Thunberg festgenommen

In London treffen sich Mitglieder der verbotenen Gruppe Palestine Action zu einer Protestaktion. Auch die schwedische Aktivistin ist dabei. Die Polizei schreitet ein

 23.12.2025

Stockholm

Was bleibt von den Mahnungen der Überlebenden?

Der Schoa-Überlebende Leon Weintraub warnt vor der AfD und Fanatismus weltweit. Was für eine Zukunft hat die deutsche Erinnerungskultur?

von Michael Brandt  23.12.2025

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025