Kommentar

Schluss mit dem Appeasement!

Arye Sharuz Shalicar Foto: Uwe Steinert

Ich bin ein Optimist! Manch einer könnte den Anschein gewinnen, ich sei naiv vor lauter Optimismus. Das bin ich keinesfalls. Denn zu viel habe ich am eigenen Leib auf den Straßen des Wedding und als Offizier und Sprecher der israelischen Armee erlebt, um davon auszugehen, dass Friede, Freude, Eierkuchen um die Ecke liegen.

Die Realität ist teilweise sehr bitter. Sie war es schon immer. Genauso wie Liebe und Vernunft Teil unseres (globalen) Alltags sind, sind dies auch Mord und Totschlag.

Aber, und das ist aus meiner Sicht ein großes Aber: Es ist unsere Pflicht, als westliche Wertegemeinschaft, als Menschen, denen eine demokratisch-freiheitliche Grundordnung in der Bundesrepublik und darüber hinaus wichtig sind, auch Probleme klar beim Namen zu nennen und uns vor Konflikten nicht zu scheuen, wenn wir mit unserem Einsatz eventuell eine Eskalation, wenn nicht gar einen Krieg vermeiden können.

Nazivergangenheit Deutschland versucht sich selbst einzureden, aus der Nazivergangenheit gelernt zu haben. Man hat sich geschworen: »Nie wieder Krieg!« Punkt. Doch ganz so leicht können wir es uns nicht machen, denn der Iran befindet sich mit der gesamten Region im Krieg, ob das Deutschland passt oder nicht.

»Nie wieder tatenlos zuschauen, wenn unschuldige Menschen von grausamen Diktaturen ermordet werden – auch das ist eine Lektion aus der Geschichte.«

Die Frage ist, ob Deutschland aus der Vergangenheit eine zusätzliche, in meinen Augen wichtigere Lektion gelernt hat, und zwar: »Nie wieder unschuldige Menschen ermorden und tatenlos zuschauen, wenn unschuldige Menschen von grausamen Diktaturen ermordet werden!«.

Denn während sich Deutschland nach wie vor an einen gescheiterten Atomdeal mit dem Iran klammert und die Schuld an den jüngsten Entwicklungen in Teheran bei den USA sieht, wurden im Iran, laut Reuters, allein in den vergangenen zwei Monaten mehr als 1500 unschuldige und unbewaffnete Demonstranten von der Staatssicherheit des Regimes, allen voran den Revolutionsgarden und den Basij, ermordet und mittlerweile weit über 7000 Demonstranten abgeführt – Gott weiß, was mit ihnen passieren wird.

Darüber hinaus morden Iran-gegründete und bewaffnete schiitische Terrororganisationen- und Milizen in knapp einem Dutzend Ländern des Nahen und Mittleren Osten, und das seit Jahrzehnten.

Soleimani, dessen Namen die meisten in Deutschland zum ersten Mal vor zwei Wochen gehört haben, ist derjenige gewesen, der im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte im Auftrag des iranischen Regimes den schiitischen Terror auf ein anderes Level gehoben hat und maßgeblich an der Instabilität der gesamten Region verantwortlich war.

Deutschland muss den Mut haben, sich einem Konflikt zu stellen, um Mord, Totschlag und Krieg zu verhindern.

Aus diesen und anderen Gründen frage ich mich: Wie vereinbart es Deutschland mit seinem Gewissen, nach wie vor an einem Dialog mit den Mullahs in Teheran festzuhalten, während sie ihr eigenes Volk unterdrücken und Geld lieber in die Hisbollah im Libanon, Hashd Al Shaabi im Irak, Fatimiyoun und Zeynabiyoun in Syrien, die Houthis in Jemen und in die Hamas in Gaza investieren, um der Expansions-Mission Chomeinis gerecht zu werden, statt es der eigenen Bevölkerung zugutekommen zu lassen?

Atommacht Wo werden wir hinkommen, wenn wir im Falle der nuklearen Ambitionen Teherans schlafen wie im Falle Nordkoreas? Ahmed Abu El Gheyt, der Generalsekretär der Arabischen Liga, ist vor Kurzem darauf eingegangen. Er sagte, es gebe zwei nicht-arabische, muslimische Länder, die Türkei und den Iran, die sich zum Ziel gesetzt haben, nukleare Waffen zu entwickeln. Ohne Zweifel seien daher die arabischen Länder gezwungen mitzuziehen.

Das alles kann vermieden werden, wenn wir endlich mit der Appeasement-Politik aufhören, wenn wir uns endlich trauen, grausame Diktatoren, ob in Nordkorea, dem Iran oder Venezuela ganz offen anzugehen.

Und wenn wir den Mut haben, uns einem Konflikt zu stellen, um Mord, Terror und Krieg zu verhindern.

Ich glaube, wir sind auf dem Weg dahin.

Arye Sharuz Shalicar ist ein deutsch-iranisch-israelischer Politologe, Publizist und Schriftsteller.

Niedersachsen

Moscheen in Hannover mit »Israel«-Schriftzügen besprüht

Unbekannte haben »Israel«-Schriftzüge auf mehrere Moscheen in Hannover geschmiert. Niedersachsens Antisemitismus-Beauftragter und die jüdische Gemeinde reagieren entsetzt

 11.12.2025

Berlin

Erstmals Chanukka-Feier im Bundestag

Zur Feier werden unter anderem der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein und Zentralrats-Geschäftsführer Daniel Botmann erwartet

 11.12.2025

Block-Prozess

Mutmaßlicher Entführer-Chef: Aussage gegen sicheres Geleit

Hat Christina Block den Auftrag erteilt, ihre Kinder aus Dänemark zu entführen? Der mutmaßliche Chef der Entführer äußert sich dazu als Zeuge vor Gericht

 11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von Janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025