Erinnerungskultur

»Sand ins Getriebe streuen«

Gedenkstätte des ehemaligen KZs Buchenwald Foto: dpa

Der Einfluss der AfD geht an Gedenkstätten nicht spurlos vorbei. Das zeige sich auf mehreren Ebenen, sagte der Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, beim Auftakt der Diskussionsreihe »Zukunft der Erinnerung« (Donnerstagabend).

So hätten geschichtsrevisionistische Äußerungen durch eine kleine Minderheit von Besuchern zugenommen. Angesichts mancher menschenfeindlichen Äußerungen »kommt einem das kalte Grauen«, so Wagner.

erinnerungskultur Die allermeisten Besucher verhielten sich respektvoll und zeigten großes Interesse, fügte der Experte hinzu. Auch diese Besucher seien heute jedoch stärker politisiert als noch vor einigen Jahren: »Sie sagen, wir kommen, gerade weil es Angriffe auf die Erinnerungskultur gibt. Sie wollen solidarisch sein und demonstrieren, dass es eine breite Auseinandersetzung mit der Geschichte braucht.«

Als weitere Einflussnahme der AfD nannte Wagner deren Kleine Anfragen in Länder- und Stadtparlamenten. Diese hätten offenkundig das Ziel, »Sand ins Getriebe zu streuen«: Sie zu beantworten, bedeute einen »Mordsverwaltungsaufwand«. Die dafür genutzte Zeit fehle für die eigentliche Arbeit. Auch schürten die Anfragen, die sich häufig auf Kooperationspartner und Förderprojekte bezögen, ein Misstrauen gegenüber den Gedenkstätten.

sprache Nach Worten des Leiters der Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Axel Drecoll, wird zudem die Wirkung von Sprache unterschätzt. »Dass diese Partei es schafft, eine diskriminierende Sprache in die Welt zu setzen, halte ich für brandgefährlich.« Immer wieder nutzten AfD-Politiker bewusst rassistische Begriffe. Dies trage dazu bei, dass in Extremfällen sogar bei Führungen in Gedenkstätten der Holocaust geleugnet werde. 2018 war eine Führung in der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen nach massiven Störungen einer Gästegruppe von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel abgebrochen worden.

Der Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland, Andreas Nachama, warnte indes davor, die Debatte auf die AfD zu verengen. Rechtsradikalismus komme auch aus der Mitte der Gesellschaft. Entscheidend sei, rechtzeitig zu sensibilisieren, »nicht erst bei eindeutigen Positionen«. Nachama war bis 2019 Direktor der »Topographie des Terrors«. Die Podiumsdiskussion veranstalteten die Stiftung Haus der Geschichte und die Deutsch-Israelische Gesellschaft. kna

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich ist es Nowy God – und warum ich ihn feiere

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen säkularen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025