NS-Zeit

Sachsenhausen-Prozess wird fortgesetzt

Wegen der eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten fand der Prozess in Brandenburg an der Havel, in der Nähe seines Wohnortes, statt. Foto: picture alliance/dpa

Der NS-Prozess gegen einen 101-jährigen früheren Wachmann des KZ Sachsenhausen steuert auf den Abschluss der Beweisaufnahme zu. Wenn keine Verzögerungen etwa durch Krankheitsfälle auftreten, könnte die Beweisaufnahme Ende kommender Woche abgeschlossen werden, sagte der Vorsitzende Richter am Landgericht Neuruppin, Udo Lechtermann, dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Brandenburg an der Havel. (AZ: 11 Ks 4/21)

Mit den Plädoyers von Staatsanwaltschaft, Nebenklagevertretern und Verteidigung könnte dann in der Woche darauf begonnen werden, in der Verhandlungstage am 24. und 25. März vorgesehen sind. Wegen der eingeschränkten Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten findet der Prozess in Brandenburg an der Havel, in der Nähe seines Wohnortes, statt.

nebenkläger Am 25. Verhandlungstag am Donnerstag wurde ein Nebenkläger aus Israel als Zeuge per Videovernehmung angehört. Der 91-jährige Arie Waxman, rund zehn Jahre jünger als der Angeklagte, lebt dort in einem Kibbuz, seine Aussagen auf Hebräisch wurden im Gerichtssaal von einem Dolmetscher übersetzt. Er sei als Kind mit 13, 14 Jahren zunächst mit seinem Vater aus dem Ghetto Lodz nach Auschwitz deportiert worden, sagte er. Dass er dies überleben konnte, sei in seinem Alter ein Wunder gewesen.

Von Auschwitz wurde er 1944 nach Sachsenhausen gebracht und musste im Außenlager Lieberose mit anderen Jugendlichen Zwangsarbeit als Maurer leisten. »Die Arbeit war sehr hart«, sagte Waxman. Es habe geheißen, sie sollen nach dem Krieg Berlin wieder aufbauen. Dass er in Lieberose schwer erkrankte, habe er verschwiegen, um nicht in den Tod geschickt zu werden. Trotz der brutalen Bedingungen hätten die Jungen dort dem Aufsichtspersonal einen Streich gespielt und seien dafür hart bestraft worden, sagte er: »Wir waren Kinder.«

Im Hauptlager Sachsenhausen habe er mit anderen am Hundezwinger arbeiten müssen, sagte Waxman: »Wir konnten überleben, weil wir von den Hunden Essen gestohlen haben.« Als er dann nach Mauthausen kam, sei er sehr krank gewesen. Er habe kurz vor dem Tod gestanden und nur durch Glück überlebt. »Ich bin der Einzige, der übrig geblieben ist von meiner ganzen Familie«, sagte Waxman: »Meine Botschaft lautet, die jungen Menschen zu erziehen, damit wir eine bessere Welt haben.« Er habe die Aussage gern auf sich genommen, betonte er: »Ich muss noch sagen, dass ich das für die Menschheit gemacht habe.«

sachverständige Am Freitag sind Videovernehmungen eines Nebenklägers und einer Nebenklägerin aus Frankreich geplant. Der 101-jährige Überlebende Leon Schwarzbaum könne derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht angehört werden, sagte Lechtermann. Außerdem werden Aussagen eines psychiatrischen Sachverständigen zum Thema Erinnerung und Verdrängung erwartet. Der Angeklagte Josef S. bestreitet bislang, SS-Wachmann in Sachsenhausen gewesen zu sein. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Beihilfe zum Mord in mindestens 3518 Fällen vor.

Im KZ Sachsenhausen waren zwischen 1936 und 1945 mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben. Den Ermittlungen zufolge hat Josef S. in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 1941 und dem 18. Februar 1945 dort als Wachmann gearbeitet. Der in Litauen geborene Angeklagte hat nach dem Zweiten Weltkrieg und nach russischer Kriegsgefangenschaft in der DDR gelebt.

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025