Meinung

Rückgabe braucht Unabhängigkeit

Julius H. Schoeps Foto: imago

Mit der Washingtoner Erklärung hat sich die Bundesregierung 1998 dazu verpflichtet, zu helfen, Kulturgüter, die, wie es juristisch heißt, »NS-verfolgungsbedingt entzogen« wurden, zu suchen, zu finden und zurückzugeben. Weil diese Erklärung aber nur den Charakter eines moralischen Appells hat, schleppt sich alles dahin. Die Museen forschen nur halbherzig nach der Herkunft ihrer Trouvaillen. Dabei wird allein in Deutschland die Zahl solcher Bilder und Kunstwerke, die in den Depots der Museen lagern oder in den Wohnzimmern von Privatleuten hängen, auf mehrere Tausend geschätzt, vielleicht sind es aber auch mehr.

Zwei Dinge sind daher notwendig: ein bindendes Rückgabegesetz und eine von Museumsinteressen unabhängige Provenienzforschung!

verjährung Bei dem Rückgabegesetz kann Österreich als Vorbild dienen, und es müssen sowohl der gut- oder bösgläubige Erwerb von Raubkunst wie auch die Verjährungsfrist auf den Prüfstand gestellt werden. Die stellen nämlich ein Hindernis bei der Rückgabe dieser Kunstwerke dar. Das heißt nicht, dass die im Bürgerlichen Gesetzbuch festgeschriebene Verjährungsfrist für Eigentumsansprüche grundsätzlich angetastet werden muss, aber es sollten Regelungen gefunden werden, wie mit Kunst, die unter Raubkunstverdacht fällt, künftig umzugehen ist.

Mit der für die Rückgabe so zentralen Provenienzforschung sind derzeit zumeist Wissenschaftler beschäftigt, die von den Museen ausgewählt wurden und dort angestellt sind. Das hat viel zu oft zur Folge, dass der Zweck der Forschung die Abwehr von Rückgabeansprüchen ist. Daher ist zu überlegen, ob die mit Mitteln des Bundes bezahlten Provenienzforscher künftig an unabhängige Forschungseinrichtungen angebunden werden sollten – und eben nicht mehr an die Museen, die die Bilder gerne behalten würden. Zur Unabhängigkeit von den Museen gehört ebenso die Forderung, dass künftig auch die Erben und deren Beauftragte Zugang zu den Archiven erhalten. Letzteres lässt gegenwärtig sehr zu wünschen übrig.

Gegenseitiges Vertrauen ist notwendig, will man zu einer gerechten Lösung gelangen. Eine klare gesetzliche Regelung und das Sicherstellen unabhängiger Provenienzforschung können helfen, bestehendes Misstrauen zu beseitigen.

Der Autor ist Historiker und Direktor des Moses Mendelssohn Zentrums Potsdam.

Meinung

Für mich ist es Nowy God – und warum ich ihn feiere

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen säkularen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Kommentar

Wer Glaubenssymbole angreift, will Gläubige angreifen

Egal ob abgerissene Mesusot, beschmierte Moscheen oder verwüstete Kirchen: Politik und Religion werden zurzeit wieder zu einem hochexplosiven Gemisch. Dabei sollte man beides streng trennen

 29.12.2025

Großbritannien

Freigelassener Demokratie-Aktivist rief zum Mord an »Zionisten« auf

Der Brite Alaa Abdel Fattah galt als Held der ägyptischen Demokratiebewegung. Doch nach seiner Freilassung und Ankunft in London kamen judenfeindliche Tweets ans Licht. Jetzt wird seine Abschiebung gefordert

von Christoph Meyer, Johannes Sadek  29.12.2025

Teheran

Iran schießt mit russischer Hilfe drei Satelliten ins All

Im Mullah-Staat machen Gerüchte über einen möglichen neuen Militärkonflikt mit Israel die Runde. Mit Raumfahrtprojekten will das Land Stärke demonstrieren

 28.12.2025

Berlin

Mehr Demonstrationen mit Nahost-Bezug

Auf den Straßen der Hauptstadt ist 2025 weniger demonstriert worden, die Kundgebungen mit Bezug zum Nahen Osten haben jedoch zugenommen

 28.12.2025