Wendler-Debatte

»RTL zeigt mit dem harten Schnitt Verantwortung für die Demokratie«

Felix Klein, Antisemitismusbeauftragter der Bundesregierung Foto: dpa

Nach der Äußerung von Michael Wendler über Deutschland als »KZ« schneidet RTL den umstrittenen Schlagersänger nun aus der Castingshow »Deutschland sucht den Superstar« völlig heraus. Das gelte für alle produzierten Folgen des Formats, kündigte der Sender am Mittwoch an.

Zuvor hatte es aus der Politik Forderungen nach Konsequenzen für die Show gegeben, die seit fast 20 Jahren einen festen Platz im RTL-Programm hat. Sie gingen hin bis zum kompletten Abbruch der aktuellen Staffel.

Zwischen Wendler und RTL war es schon im Herbst zum Bruch gekommen. Damals hatte sich der in Florida lebende Sänger aus Dinslaken in einem irritierenden Video zur Corona-Politik in Deutschland geäußert. Der Sender hatte ihn darauf einen Verschwörungstheoretiker genannt und sich distanziert. In der Frühphase der aktuellen »DSDS«-Staffel, für die Wendler einst als Juror verpflichtet worden war, sollte der 48-Jährige aber eigentlich noch einmal zu sehen sein.

Der Grund: Die Folgen waren vor dem Eklat aufgezeichnet worden. Es gehe bei der Ausstrahlung auch um Fairness den Sängern gegenüber, über die Wendler damals entschieden habe, hatte RTL vor dem Start argumentiert.

Am Dienstag allerdings - am Tag der Ausstrahlung der ersten Folge - berichteten mehrere Medien über einen Eintrag im Messengerdienst Telegram. Zu lesen war dort: »KZ Deutschland??? Es ist einfach nur noch dreist was sich diese Regierung erlaubt!«. Auch ein Screenshot davon kursierte. In einem Statement im Netzwerk Instagram räumte Wendler später auch eine »KZ«-Äußerung ein. Angeblich jedoch sei »«KZ» eine Abkürzung für «Krisen Zentrum»« gewesen.

RTL-Geschäftsführer Jörg Graf stellte klar: »Wir verurteilen jegliche Form von Antisemitismus, Rassismus sowie Diskriminierung auf das Schärfste.« Er fügte hinzu: »In Zeiten, in denen es darum geht, durch gesellschaftlichen Zusammenhalt, gegenseitige Rücksichtnahme und Respekt gemeinsam eine schwere Krise zu bewältigen, wird RTL mit einer Unterhaltungsshow nicht die Bühne für Menschen sein, die ihrerseits Spaltung und Verharmlosung propagieren.«

Die Schnittarbeiten dürften nicht ganz einfach werden, das Material ist beträchtlich. Der ursprüngliche Plan hatte ja vorgesehen, dass Wendler in den sogenannten Castingfolgen noch zu sehen sein und erst danach verschwinden sollte. In der ersten Folge schlug RTL dafür den Weg ein, den ohnehin oft belächelten Wendler als Witzfigur zu inszenieren, die allerlei Spott abbekam.

Nun soll auch das nicht mehr zu sehen sein. »RTL wird Michael Wendler komplett aus der Sendung schneiden«, stellte der Sender klar - »selbst wenn dabei für die Zuschauer sichtbare, dramaturgische Lücken entstehen.« Man distanziere sich klar von Wenders Äußerungen, in denen er »Lockdown-Maßnahmen zum Schutz von Menschenleben inmitten der Corona-Pandemie nun in national-sozialistischen Kontext« setze.

Am deutlichsten hatte zuvor der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker Konsequenzen aus der »KZ«-Äußerung gefordert. Wendler gehöre schlicht nicht ins Fernsehen. »Wer die notwendigen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Deutschland mit einem KZ gleichsetzt und damit die Shoah derart relativiert, der sollte nicht von Woche zu Woche einem Millionenpublikum als Juror vorgesetzt werden«, erklärte Becker. »DSDS« solle abgebrochen werden. Es sei denn, RTL finde einen Weg, die aufgezeichneten Folgen auch ohne Wendler zu zeigen. Das wird nun versucht.

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, lobte die am Mittwoch getroffene Entscheidung des Senders. »RTL zeigt damit Verantwortung für die Wahrung der demokratischen Grundwerte unserer Gesellschaft«, erklärte er der Deutschen Presse-Agentur.

»Jemand, der Deutschland als Konzentrationslager bezeichnet und den Holocaust auf abscheuliche Art und Weise relativiert, ist nicht geeignet, in der herausgehobenen Position eines Jurors vor einem Millionenpublikum über die Qualifikation anderer Menschen zu urteilen.« dpa

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025

TV-Tipp

Ein äußerst untypischer Oligarch: Arte-Doku zeigt Lebensweg des Telegram-Gründers Pawel Durow

Der Dokumentarfilm »Telegram - Das dunkle Imperium von Pawel Durow« erzählt auf Arte und in der ARD-Mediathek die Geschichte der schwer fassbaren Messengerdienst-Plattform-Mischung und ihres Gründers Pawel Durow

von Christian Bartels  25.11.2025

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Interview

»Weder die Verwaltung noch die Politik stehen an meiner Seite«

Stefan Hensel hat seinen Rücktritt als Antisemitismusbeauftragter Hamburgs angekündigt. Ein Gespräch über die Folgen des 7. Oktober, den Kampf gegen Windmühlen und kleine Gesten der Solidarität

von Joshua Schultheis  25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Entscheidung

Berlin benennt Platz nach Margot Friedländer

Jahrzehntelang engagierte sich die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer für Aussöhnung. Nun erfährt die Berlinerin nach ihrem Tod eine besondere Ehrung

 25.11.2025

Hanau

Rabbiner antisemitisch beleidigt

Für die Gemeinde ist die Pöbel-Attacke kein Einzelfall

 25.11.2025

Berlin

RIAS: Polizei erfasst antisemitische Taten lückenhaft

Der Bundesverband sagt, es gebe strukturelle Probleme, Unsicherheiten im Umgang mit Betroffenen und ein insgesamt unzureichendes Bild antisemitischer Hasskriminalität in den offiziellen Statistiken

 25.11.2025