FIFA

Rote Karte für Dschibril ar-Radschub

Der Berliner Rechtsanwalt Nathan Gelbart Foto: Thomas Ecke

FIFA

Rote Karte für Dschibril ar-Radschub

Der Rechtsanwalt Nathan Gelbart fordert den Weltfußballverband auf, endlich etwas gegen Terrorismus zu unternehmen

von Martin Krauß  10.12.2020 08:44 Uhr

Auf den Weltfußballverband FIFA kommt Arbeit zu, und dafür sorgt der Berliner Rechtsanwalt Nathan Gelbart. Es geht um Dschibril ar-Radschub. Der ist nicht nur führender Palästinenserfunktionär, der gerne Mahmud Abbas als Präsident beerben würde, sondern er ist auch Chef des Palästinensischen Fußballverbandes.

Beschäftigen muss sich die FIFA mit ihm, weil er sich als Generalsekretär des Zentralkomitees der palästinensischen Fatah jüngst in Ankara mit dem Hamas-Vizechef Muhammad Sulayman al-Aruri getroffen hat. Der gilt seit September 2015 als »Special Designated Global Terrorist«, so wird er vom Außen- und Finanzministerium der USA bezeichnet, die bis zu fünf Millionen US-Dollar auf ihn ausgesetzt haben.

»Die FIFA muss sicherstellen, dass Terrorismus und Personen, die am Terrorismus beteiligt sind oder Kontakte zu Terroristen haben, den Fußball nicht infizieren«, argumentiert Nathan Gelbart in einem Schreiben an den FIFA-Präsidenten, das der Jüdischen Allgemeinen vorliegt. Ar-Radschub war zwar nicht als Sportfunktionär in die Türkei gereist, aber er ist dem Regelwerk der FIFA verpflichtet. Daher fordert Gelbart FIFA-Chef Gianni Infantino dringend auf, »Herrn Radschub unverzüglich persönlich von allen FIFA-Aktivitäten zu suspendieren«.

SPERRE Offiziell hat die FIFA noch nicht reagiert. Gelbart liegt lediglich eine Empfangsbestätigung des Büros des Präsidenten vor. Auf Anfrage teilt der Verband der Jüdischen Allgemeinen mit, dass »wir weder zu möglichen laufenden Verfahren noch zu der Frage Stellung nehmen, ob in mutmaßlichen Fällen Ermittlungen laufen oder nicht«.

Ganz unbekannt ist Dschibril ar-Radschub der FIFA nicht. Erst im vergangenen Jahr lief eine einjährige Sperre gegen ihn aus. Er hatte gegen ein Freundschaftsspiel, das Argentinien und Israel in Jerusalem austragen wollten, zum Boykott aufgerufen. Im Jahr 2015 hatte ar-Radschub den Rauswurf Israels aus der FIFA beantragt. Damals hielt er den Umstand, dass sechs Teams aus Siedlungen im Westjordanland in unterklassigen israelischen Fußballligen spielen, für eine Menschenrechtsverletzung.

Als sich 2014 palästinensische und israelische Jugendteams zu Freundschaftsspielen trafen, hatte ar-Radschub aufs Heftigste dagegen gewütet. »Jede gemeinsame sportliche Aktivität mit dem zionistischen Feind zum Zwecke der Normalisierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit«, wurde er damals zitiert.

»Terrorismus kann nicht weniger bedeutend sein als Korruption.«

Nathan Gelbart, Rechtsanwalt

Schon seit Jahren sorgt ar-Radschub dafür, dass Sportfeste und -pokale nach »Märtyrern« benannt werden, nach Terroristen, die in Israel Anschläge verübten. Diese Praxis führte 2017 dazu, dass der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) eine geplante Kooperation im Jugendsport wieder absagte.

MAKKABI Nun versucht Gelbart, ar-Radschub in die Schranken zu weisen. »Die FIFA hat ja gezeigt, dass sie gegen eigene Funktionäre ermitteln will und kann«, sagt er und verweist auf ar-Radschubs einjährige Suspendierung und auf Strafen, die wegen Korruption gegen Ex-Präsident Sepp Blatter oder den früheren UEFA-Chef Michel Platini verhängt wurden. »Terrorismus kann nicht weniger bedeutend sein als Korruption«, sagt Gelbart.

Abgestimmt mit einem FIFA-Mitglied ist die Aktion nicht. »Ich handele als Privatperson«, sagt Gelbart. Weder der Deutsche Fußball-Bund noch der israelische Fachverband IFA seien involviert. Engagement gegen ar-Radschub und seine Terror-Unterstützung fußballintern bloß der IFA zu überlassen, hält Gelbart für falsch. »Internationaler Terrorismus ist ja kein israelisches Problem«, sagt er. »Umso unverständlicher ist der Beschluss der Jusos, die extreme Fatah-Jugendorganisation, in deren berüchtigter Mutterpartei ar-Radschub bekanntlich im Zentralkomitee sitzt, zur Schwesterorganisation zu segnen«, sagt er.

Unterstützung gibt ihm Makkabi Deutschland, das Mitglied des DOSB ist. Makkabi-Präsident Alon Meyer solidarisiert sich in einem Schreiben an die FIFA »in vollem Umfang« mit Gelbart und fordert die sofortige Suspendierung ar-Radschubs. Doch auch Meyer erhielt bislang keine Antwort.

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025