Berlin

Ron Prosor: Deutschland muss klare Unterstützung zeigen

Der Botschafter des Staates Israel in Deutschland, Ron Prosor Foto: picture alliance / SZ Photo

Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, hat in einem ausführlichen Interview mit web.de die internationale Kritik am Vorgehen Israels im Gazakonflikt zurückgewiesen und zugleich die Bedrohung durch die Hamas für Israel und Europa unterstrichen.

Prosor erklärte, Israel sei existenziell bedroht, und betonte die Notwendigkeit, sich gegen die Hamas zu verteidigen. Die Terroristen bedrohten nicht nur den jüdischen Staat: »Wir verteidigen uns gegen mörderische Islamisten, die auch Europa bedrohen.« Kritik an Israels militärischen Maßnahmen, insbesondere aus Deutschland, sehe er mit Sorge: »Sind die Geiseln wieder zu Hause? Nein. Gibt es einen Waffenstillstand? Nein. Der Druck auf Israel ermutigt die Extremisten in der Region.«

Der Botschafter wies darauf hin, dass die Hamas von Anfang an das Ziel verfolgt habe, Israel zu vernichten. In palästinensischen Schulbüchern werde gegen Israel gehetzt, historische Anschläge wie der Überfall von Dalal Mughrabi 1978 würden glorifiziert.

»Nur ohne die Hamas«

Prosor erinnerte an Israels Versuch einer Zwei-Staaten-Lösung im Jahr 2005: »Als sich Israel aus dem Gazastreifen zurückgezogen hat, glaubten wir, dass dies der Beginn einer Friedenslösung sei. Am 7. Oktober 2023 wurden wir eines Besseren belehrt: Die ersten Opfer waren Zivilisten, die ihr Leben einem Frieden gewidmet hatten.«

Lesen Sie auch

Prosor unterstrich, dass der Wiederaufbau Gazas nur möglich sei, wenn die Hamas vollständig entwaffnet werde und nicht erneut eine Bedrohung für Israel darstellen könne. »Es darf nie wieder ein Terrorstaat errichtet werden, der mit Raketen auf Israel zielt. Der Wiederaufbau von Gaza kann nur ohne die Hamas gelingen.«

Neben der Sicherheitslage sprach Prosor auch die Situation von Juden in Deutschland an. Vor jüdischen Schulen und Synagogen stehe bewaffnetes Sicherheitspersonal, jüdische Bürger würden im Alltag angefeindet. Zudem beobachte er eine zunehmende Dämonisierung Israels in Kultur und Wissenschaft: »Israel wird ständig dämonisiert. Es gibt einen stillen Boykott gegen israelische Künstler in Theatern, im Musikbereich und in der Wissenschaft.« Der Botschafter kritisierte insbesondere die zunehmenden Aufrufe zum akademischen Boykott Israels, die die Situation zusätzlich verschärften.

Entwicklungen mit Chancen

Trotz der angespannten Lage zeigte sich Prosor optimistisch, dass langfristig Frieden möglich sei. Er verwies auf die neuen politischen Entwicklungen im Nahen Osten, darunter die Abraham-Abkommen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, Marokko und Bahrain, sowie die Schwächung des Einflusses der Mullahs im Iran. Diese Entwicklungen eröffneten Chancen für Stabilität und Kooperation in der Region.

Abschließend richtete Prosor einen klaren Appell an Deutschland: »Die deutsch-israelische Freundschaft ist keine Einbahnstraße. Israel wird existenziell bedroht. Deutschland muss dagegen klare Kante zeigen. Gerade in stürmischen Zeiten muss Deutschland in internationalen Gremien wie der UNO und der EU an Israels Seite stehen.«

Am Bekenntnis zu Israels Sicherheit dürfe es keine Zweifel geben, so der Diplomat in dem web.de-Interview. Die strategischen Beziehungen seien über Jahrzehnte gewachsen. Beide Länder profitierten davon gleichermaßen in Wissenschaft, Wirtschaft, Kultur und Sicherheitspolitik. »Diese Errungenschaften dürfen nicht auf dem Altar der Tagespolitik geopfert werden.« im

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert