Berlin

Religiöses Mobbing an Grundschule

Foto: dpa

Ein mutmaßlicher Fall von religiösem Mobbing an einer Berliner Grundschule sorgt bundesweit für Entsetzen und Erschütterung. An der Paul-Simmel-Grundschule in Berlin-Tempelhof soll laut einem Bericht der »Berliner Zeitung« die Tochter eines 41-Jährigen von muslimischen Schülern angepöbelt worden sein, weil sie nicht an Allah glaubt.

Die Tochter wurde dem Zeitungsbericht zufolge von einem Mitschüler gefragt, ob sie Jüdin sei. Da ein Elternteil jüdischer Herkunft ist, habe sie das bejaht, woraufhin der Schüler das Wort »Jude« mehrfach in bedrohlichem Tonfall wiederholt habe. Bei einem früheren Vorfall sei seine Tochter sogar mit dem Tode bedroht worden.

Problem Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte dem »Tagesspiegel« vom Dienstag, Judenhass an Schulen sei ein rapide wachsendes Problem. Immer häufiger würden antisemitische Vorfälle bekannt, die von muslimischen Schülern ausgehen, sagte Schuster der Zeitung. »Das ist zutiefst beunruhigend und erfüllt mich mit großer Sorge.«

Berlins Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach in der gleichen Zeitung von einem furchtbaren und besorgniserregenden Vorfall – »der hoffentlich nur ein Einzelfall ist und bleibt«. Die Gesellschaft sei aufgefordert, sich entschieden gegen antisemitische Äußerungen zu stellen, sagte Müller.

Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK), Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke), forderte in der »Bild«-Zeitung vom Dienstag eine Analyse der antisemitischen Vorfälle an deutschen Schulen. »Die Vorfälle sind erschütternd und wir sind alle aufgefordert, uns damit auseinanderzusetzen«, sagte Holter. Schule sei aber nur ein Teil des gesellschaftlichen Alltags. Mit Verweis auf die aktuelle Islam-Debatte sagte Holter, gesellschaftliche Gruppen reagierten auf Ausgrenzung mit Abschottung. Neben dem Wert der Religionsfreiheit müsse immer wieder klar gemacht werden, dass es insbesondere für Antisemitismus in diesem Land null Toleranz gäbe, »keinen Millimeter«, so Holter.

Schulpsychologen
Die Berliner Bildungsverwaltung teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur epd mit, dass voraussichtlich nächste Woche ein Gespräch zu dem Vorfall stattfinden werde. Daran beteiligt sind demnach Schulaufsicht, Schulleitung, Eltern, die Antidiskriminierungsbeauftragte und Schulpsychologen. Ziel sei, über Maßnahmen in dem konkreten Fall zu beraten, aber auch, »was die Schule insgesamt unternehmen kann«.

Die Schulleitung habe die Bildungsverwaltung über verschiedene Fälle in den vergangenen zwei Jahren informiert. Dabei gehe es auch um ein Enthauptungsvideo, das in einer Chatgruppe zirkuliert sein soll. Dazu habe es Gespräche der Polizei mit den Eltern der betreffenden Schüler und einen Elternbrief an die Erziehungsberechtigten der Mitschüler gegeben. Im Falle der Bedrohung des Mädchens seien die Eltern des verantwortlichen Jungen einbestellt worden.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), sagte der »Bild«-Zeitung vom Montag: »Die Regeln unseres Zusammenlebens klar zu vermitteln, kann nie früh genug anfangen – schon in den Kitas und Grundschulen.«

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sieht eine wachsende Polarisierung und Verschlechterung der Zustände an Problemschulen in Brennpunkt-Bezirken. Der frühere Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir forderte in der »Bild«-Sendung »Die richtigen Fragen«, verpflichtende Elternabende und eine Art Meldepflicht für rassistische Übergriffe an Schulen ein.

Krisenstab Außenminister Heiko Maas betonte, es müsse in Deutschland und weltweit alles getan werden, um jüdisches Leben zu schützen.

Die Jungen Liberalen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg erklärten am Sonntag, das vergangene Jahr habe gezeigt, dass dies kein trauriger Einzelfall im Bezirk sei. Vielmehr handele es sich um den nunmehr dritten Antisemitismus-Skandal innerhalb eines Jahres. Nötig sei nun ein Krisenstab, »der schonungslos evaluiert, an wie vielen weiteren Schulen es im letzten Jahr judenfeindliche Vorfälle gab«. epd

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert