Niederlande

Rechtspopulist verzichtet nach antisemitischen Vorfällen auf Spitzenkandidatur

Der 37-jährige Thierry Baudet gilt als schillernde Figur in der niederländischen Politik Foto: imago images/Hollandse Hoogte

Der Gründer und Chef einer rechtsgerichteten Partei in den Niederlanden hat am Montag wegen eines Antisemitismusskandals Konsequenzen gezogen. Thierry Baudet, Vorsitzender des Forums für Demokratie (FvD), verkündete per Videobotschaft seinen Rückzug als Listenführer der Partei für die nächste Parlamentswahl.

Grund waren Berichte über antisemitische und homophobe Botschaften, die in Chatgruppen der Jugendbewegung seiner Partei (JFvD) verbreitet worden werden. Prominente FvD-Mitglieder hatten den Abgang des JFvD-Vorsitzenden Freek Jansen, eines Vertrauten Baudets, gefordert.

KONSEQUENZEN In einer WhatsApp-Gruppe waren Nazi-Lieder geteilt worden. Ein JFvD-Aktivist hatte das NS-Buch »Der Untermensch« als ein »Meisterwerk« bezeichnet, wie die Zeitung »Het Parool« am Samstag berichtete. Jansen selbst gilt als Kontaktmann zu rechtsradikalen Gruppen und soll sich selbst schon positiv über den Nationalsozialismus geäußert haben.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Baudet nannte die Berichte über die Umtriebe im JFvD »schrecklich«. Er fügte aber hinzu, dass man »den Medien nicht trauen« könne und suggerierte, dass ihm und seiner Partei noch vor einer Untersuchung der Vorfälle »der Prozess gemacht« worden sei. Er wolle aber die Verantwortung für das Geschehene übernehmen, so der 37-Jährige.

In den letzten Tagen waren die Forderungen aus der eigenen Partei, der Vorsitzende möge in der Affäre harte Konsequenzen, immer stärker geworden. Der JFvD-Vorstand trat am Sonntag geschlossen zurück – allerdings nur, um den Anschein zu vermeiden, es gebe Interessenskonflikte bei der Aufklärung der Vorwürfe.

Die FvD-Senatorin Annabel Nanninga erklärte, die Vorgehensweise innerhalb der Jugendabteilung ihrer Partei sei »inakzeptabel« und gekennzeichnet von »zu wenig, zu spät«. Sie erwarte »eine vollständige Reinigung« beim JFvD».

Wiederholt traf sich Baudet mit Vertretern rechtsradikaler Gruppen aus anderen Ländern.

Thierry Baudet ist ein schillernder Politiker. 2018 machte er Schlagzeilen, als er auf Instagram ein Nacktfoto von sich veröffentlichte. In seinem per Videobotschaft verbreiteten Statement betonte er, weiterhin FvD-Vorsitzender und Parlamentsabgeordneter bleiben zu wollen. Auch bei den nächsten Wahlen werde er möglicherweise wieder antreten, wenn auch auf einem der unteren Listenplätze, deutete er an.

WAHLERFOLGE Das FvD wurde 2015 von Baudet als Denkfabrik gegründet und 2017 in eine Partei umgewandelt. Sie setzt sich für den Austritt der Niederlande aus der Europäischen Union und gibt sich dezidiert pro-israelisch. Baudet polarisiert ebenso wie sein Hauptkonkurrent im rechten Lager, der Rechtspopulist Geert Wilders, gibt sich aber in einigen Punkten wie zum Beispiel des Verbots von Moscheegemeinden gemäßigter.

Wiederholt traf sich Baudet aber mit Vertretern rechtsradikaler Gruppen aus anderen Ländern und zeigte sich mit den Attacken des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán auf den jüdischen Mäzen George Soros einverstanden.

Über Vorzugsstimmen könnte Baudet trotz eines schlechten Listenplatzes wieder in das Unterhaus gelangen.

Unter Baudets Vorsitz gewann das Forum für Demokratie 2017 zwei Sitze in der niederländischen Abgeordnetenkammer. Im Oberhaus, dem Senat, gelang es der Partei sogar, zwölf Sitze zu erobern. Die FvD stellt auch drei der 26 niederländischen Europaabgeordneten.

Nach internen Querelen steht das Forum aktuell in den Umfragen aber wieder etwas schlechter da, käme aber dennoch auf sechs Mandate im Parlament. Die Niederlande wählen turnusgemäß am 17. März 2021 erneut ihre Volksvertreter. Über Vorzugsstimmen könnte Baudet trotz eines schlechten Listenplatzes wieder in das Unterhaus gelangen. mth

Australien

Polizei: Angreifer in Sydney waren Vater und Sohn 

Weitere Details des judenfeindlichen Terroranschlags werden bekannt

von Denise Sternberg  14.12.2025

Hintergrund

Der Held von Sydney

Laut australischen Medien handelt es sich um einen 43-jährigen muslimischen Vater von zwei Kindern, der einen Laden für lokale Produkte betreibt

 14.12.2025

Jerusalem

Israels Regierungschef wirft Australien Tatenlosigkeit gegen Judenhass vor

Nach einem Anschlag in Sydney fordert Netanjahu von Australien entschlosseneres Handeln gegen Judenhass. Er macht der Regierung einen schweren Vorwurf

 14.12.2025

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025

Terror in Sydney

Zivilist entwaffnet Angreifer und wird als »Held« gefeiert

Zwei Männer schießen auf Teilnehmer einer Chanukka-Feier in Sydney: Es gibt Tote und Verletzte. Ein Video soll nun den mutigen Einsatz eines Passanten zeigen

 14.12.2025

Australien

Merz: »Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«

Bei einem Anschlag auf eine Chanukka-Feier in der australischen Metropole gab es viele Tote und Verletzte. Der Bundeskanzler und die Minister Wadephul und Prien äußern sich zu der Tat

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror in Sydney

Zentralrat der Juden: »In Gedanken bei den Betroffenen«

Der Zentralrat der Juden und weitere jüdische Organisationen aus Deutschland äußern sich zu dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier im australischen Sydney

 14.12.2025 Aktualisiert