Landtage

Rechte Alternative

Hand drauf: Die Landeschefs der AfD (v.l.): Alexander Gauland (Brandenburg), Björn Höcke (Thüringen) und Frauke Petry (Sachsen) Foto: dpa

Bunt wird’s aber erst mit Blau» – so warb die Alternative für Deutschland (AfD) vor der Landtagswahl in Brandenburg für sich. Elf Sitze gewannen die politischen Senkrechtstarter; und nun geht es tatsächlich viel bunter zu, als es der um Seriosität so bemühten AfD lieb sein dürfte.

Die Grenzen zwischen politischer und privater Auseinandersetzung wurden dabei gleich mit verwischt: Ausgerechnet Spitzenkandidat und Zugpferd Alexander Gauland steht im Mittelpunkt der Fehde.

Gauland ist ein angesehener Mann: Jahrzehntelang war er in der CDU aktiv, Leiter der hessischen Staatskanzlei, Herausgeber der «Märkischen Allgemeinen». In Büchern und anderen Veröffentlichungen treibt ihn vor allem die Zukunft des Konservatismus um. Gauland gehört zu der Klientel, die die Union durch einen modernisierten Konservatismus verloren hat.

bodenständig AfD-Spitzenkandidat Gauland fordert, das «von Globalisierung beschleunigte Tempo zu verlangsamen und Zerfall von Traditionen aufzuhalten». Das sind Gedanken, die im Wahlprogramm der Brandenburger AfD sehr ähnlich wiederzufinden sind. So hebt Gauland darin die Chance hervor, «den Alltag zu entschleunigen und einen eigenen Lebensstil zu entwickeln, ja ein eigenes Lebensgefühl zu kultivieren. Leben in Brandenburg bedeutet für uns daher ›bodenständig und frei leben‹.»

Die Melange aus bodenständiger Identität, Antiglobalisierungsparolen und der Warnung vor angeblich stark steigender Zuwanderung (der Ausländeranteil in Brandenburg liegt bei rund zwei Prozent) zog dann aber auch Personal an, das der AfD viel öffentliche Kritik einbrachte und den Vorwurf zu bestätigen scheint, dass eine Grenze zwischen Nationalkonservatismus und Rechtsradikalen kaum zu ziehen ist.
So berichtete der «Spiegel» unmittelbar nach dem Triumph in Brandenburg, Gauland fürchte um seinen Ruf, weil bei vier von elf gewählten AfD-Abgeordneten mittlerweile öffentlich wurde, dass sie zuvor Mitglied in rechtspopulistischen oder rechtsextremen Parteien waren.

Einer von Gaulands engsten Vertrauten erarbeite daher einen Plan, so berichtete der «Spiegel» weiter, um die Abgeordneten zur Aufgabe ihres Mandats zu drängen. Um Druck aufzubauen, wolle man beispielsweise anonym Strafanzeigen erstatten.
Noch bunter wurde es, als bekannt wurde, wer dem Nachrichtenmagazin diese Informationen gesteckt hatte: Stefan Hein. Der sollte nicht nur der künftigen AfD-Fraktion im Landtag von Potsdam angehören, er war im Wahlkampf auch eine der zentralen Figuren der AfD. Und: Er ist der Sohn von Gaulands Lebensgefährtin.

Landesliste Die AfD wies sämtliche Anschuldigungen zurück, stellte sich hinter die umstrittenen Abgeordneten. Gauland warf Hein charakterliches sowie politisches Versagen vor und empfahl ihm, auf sein Mandat zu verzichten. Damit war die AfD aber noch lange nicht aus dem Schneider, denn nun geriet Heins Nachrücker auf der Landesliste in die öffentliche Kritik.

Der sehr bodenständige Jan-Ulrich Weiß, siebenfacher Vater aus Templin, veröffentlichte auf Facebook eine antisemitische Karikatur, die an die Legende der jüdischen Weltverschwörung anknüpft.

Nun musste Gauland wiederum handeln, denn einen weiteren Skandal konnte sich die AfD nicht leisten. Weiß soll wegen des Verbreitens der Karikatur aus der Fraktion ausgeschlossen werden. Er wollte aber nicht klein beigeben und kündigte an, dennoch in den Landtag einzuziehen – und sei es als Fraktionsloser. Um dies zu verhindern, kündigte wiederum der «Spiegel»-Informant Hein an, nun doch sein Mandat anzunehmen. Die Brandenburger Chaostage sind perfekt, der Ausgang ist ungewiss.

nationalismus In Sachsen bekleckerte sich die AfD bislang ebenfalls nicht mit Ruhm. Eigentlich wäre dort der 70-jährige AfD-Abgeordnete Detlev Spangenberg Alterspräsident im neuen Landtag geworden. Doch dann berichteten Journalisten über Spangenbergs politische Biografie und seine Aktivitäten in nationalistischen Kleinstparteien.

Die AfD zog daraufhin Spangenberg als Alterspräsidenten zurück, sein Mandat solle er aber behalten, teilte die Fraktion mit. Und auch in Mecklenburg-Vorpommern hat die AfD Ärger, hier wurde Landeschef Holger Arppe wegen Volksverhetzung in gleich zwei Fällen angeklagt.

AfD-Chef Bernd Lucke rief angesichts der Probleme und Skandale in mehreren Landesverbänden dazu auf, «Querulanten» in der Partei zu isolieren. Die AfD dürfe den Fehler der Grünen nicht wiederholen, die in ihren Anfangsjahren unter dem Fundamentalismus vieler ihrer Mitglieder zu leiden gehabt hätten.

Warum solche Fundamentalisten überhaupt ihre politische Heimat bei der AfD sehen, scheint sich Lucke weiterhin nicht zu fragen.

Meinung

Marlene Engelhorn, die Gaza-Flotille und deutsche Schuldabwehr

Die Familie der BASF-Erbin hat an der Ermordung von Juden mitverdient. Nun diffamiert sie den jüdischen Staat, um sich selbst im Gespräch zu halten

von Antonia Sternberger  03.09.2025

Washington D.C.

Kongress-Ausschuss veröffentlicht Epstein-Dokumente

Kaum ist das Repräsentantenhaus aus der Sommerpause zurück, nimmt das Thema Epstein-Affäre wieder Fahrt auf

 03.09.2025

Chemnitz

Kulturhauptstadt prüft Antisemitismusvorwurf

Vor dem letzten Ausstellungswochenende in Chemnitz bekommt das Street-Art-Festival Ibug erhöhte Aufmerksamkeit. Es gibt Antisemitismusvorwürfe

von Katharina Rögner  03.09.2025

Sachbuch

Die Gruppe 47, Günter Grass und die ersten »Shitbürger«

»WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt rechnet in seinem neuen Bestseller »Shitbürgertum« auch mit der Kontinuität des deutschen Judenhasses ab. Ein exklusiver Auszug

von Ulf Poschardt  02.09.2025

Faktencheck

Es gibt keine politischen Morde an AfD-Kandidaten

Einige AfD-Kandidaten sterben vor der NRW-Wahl. Manche im Netz meinen, das gehe nicht mit rechten Dingen zu. Die Polizei hat die Fälle untersucht - und klare Ermittlungsergebnisse

 02.09.2025 Aktualisiert

Berlin

Senatorin fordert konsequentere Strafverfolgung bei Uni-Besetzungen

Freie Universität wie Humboldt-Universität und Technische Universität in Berlin waren wiederholt Schauplatz zum Teil gewalttätiger Proteste »pro-palästinensischer« Aktivisten

 02.09.2025

Rechtsterror

»Der Schmerz wird immer größer« - 25 Jahre nach dem ersten NSU-Mordanschlag

Vor 25 Jahren begann die Mordserie der rechtsextremen Terrorgruppe NSU. Bis heute leiden die Hinterbliebenen der Opfer an dem Verlust, aber auch an mangelnder Aufarbeitung und einem Fokus auf die Täter

von Julia Riese, Jutta Olschewski  02.09.2025

Brüssel

Auch Belgien will Palästina anerkennen

Israel sieht in diesem Schritt zu diesem Zeitpunkt eine Belohnung des Terrors. Dennoch folgt die belgische Regierung dem Beispiel Frankreichs, Kanadas und Australiens

 02.09.2025

Washington D.C.

Trump: Israel büßt im Gaza-Krieg an Ansehen ein

Der amerikanische Präsident zeigt inmitten des Krieges erneut seine Solidarität mit dem jüdischen Staat - spricht aber auch von kritischen Stimmen in den USA

 02.09.2025