Bundesländer

»Querdenker sind Katalysator für antisemitische Verschwörungsmythen«

Querdenker vor dem Reichstagsgebäude in Berlin (29. August 2020) Foto: 2020 Getty Images

Trotz der Corona-Einschränkung war das Niveau rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt 2020 nach Angaben von Betroffenenverbänden unverändert hoch. Wie die Geschäftsführerin von »Opferperspektive«, Judith Porath, am Dienstag in Berlin mitteilte, zählten Beratungsstellen in acht Bundesländern 1322 rechte, rassistische und antisemitisch motivierte Gewalttaten.

Die Zahlen bezögen sich auf Beratungsstellen in Berlin, den fünf ostdeutschen Bundesländern sowie in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfahlen. Der Corona-Leugner-Bewegung warf sie vor, »zunehmend ein Katalysator für antisemitische Verschwörungsmythen, Schoa-Relativierung antidemokratische Bestrebungen und rechtsextremistische Gewalt« zu sein.

RIAS-Geschäftsführer Benjamin Steinitz beklagt vor allem einen wachsenden Judenhass bei Querdenkern.

Nach Angaben von Porath waren insgesamt 1922 Menschen direkt betroffen, bei 18 Prozent der Fälle habe es sich um Kinder und Jugendliche gehandelt. Bei mehr als 77 Prozent sei es um Körperverletzungen bis hin zu Tötungen gegangen. 809 Taten seien rassistisch motiviert gewesen und hätten sich gegen Schwarze, Flüchtlinge oder Menschen mit Migrationsgeschichte gerichtet.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Dabei hätten Übergriffe gegen Menschen mit vermeintlicher asiatischer Herkunft zugenommen. Porath beklagte eine große Diskrepanz zwischen den erfassten Zahlen staatlicher Behörden und denen der Beratungsstellen. Viele rechtsmotivierte Taten wurden nicht als solche erfasst.

Newroz Duman, Mitbegründerin der »Initiative 19. Februar Hanau« warf den Behörden unzureichende Aufklärung und Versäumnisse vor. Die Polizei lehne Gespräche mit Angehörigen ab. Zudem werde die politische Dimension des Anschlags vollständig ausgeblendet. Bei dem rechtsextremistischen Anschlag waren am 19. Februar 2020 neun Hanauer Bürger mit Migrationshintergrund getötet worden.

Steinitz spricht von einer »antisemitischen Dynamik« und einer »bedrohlichen Normalisierung«.

Benjamin Steinitz vom Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) beklagte vor allem einen wachsenden Antisemitismus und antisemitisches Verschwörungsdenken bei Anti-Corona-Demonstrationen und Querdenkern. Sie böten eine »Gelegenheitsstruktur«, um vorhandene antisemitische Haltungen zum Ausdruck zu bringen.

Steinitz sprach von einer »antisemitischen Dynamik« und einer »bedrohlichen Normalisierung«. Fallende Hemmschwellen und permanente Regelverletzungen würden den Nährboden für schwerste Gewalttaten schaffen. Den Strafverfolgungsbehörden hielt er vor, die antisemitischen Motive nicht hinreichend zur Kenntnis zu nehmen.

Steinitz kritisiert zudem eine mangelnde Sensibilität der Behörden auch bei antisemitischen Straftaten. So werde der Angriff eines Mannes mit einem lappspaten auf einen jüdischen, Kippa-tragenden Studenten in der Nähe iner Hamburger Synagoge vergangenes Jahr von der Justiz nicht als ntisemitische Straftat gewertet, obwohl der Angreifer ein Hakenkreuz bei sich trug.

Dieses Verkennen antisemitischer Motive verstärke das Misstrauen gesellschaftlicher Minderheiten in die Behörden, warnte Steinitz. Etwa nur 20 Prozent der Vorfälle kämen deshalb überhaupt zur Anzeige. kna/ja/epd

Berlin

Der falsche Konsens

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellt im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025

Terrorismus

Berlin: Waffenkurier der Hamas wohnte in unmittelbarer Nähe zu mehreren jüdischen Einrichtungen

Im Auftrag der Terrororganisation Hamas sollen mehrere Männer jüdische und proisraelische Ziele unter anderem in der Hauptstadt ausgespäht und Waffen eingeschmuggelt haben. Nun berichten »Zeit« und »Welt« über die Hintergründe

 27.11.2025

Bildung

Im Land der Täter

Bis März soll die Entscheidung fallen, wo die Dependance der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland angesiedelt wird

von Michael Thaidigsmann  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Entscheidung

Uni Jena lehnt Prüfung von Kontakten mit israelischen Hochschulen ab

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena wird Kooperationen mit israelischen Hochschulen nicht auf mögliche Verbindungen zum Militär überprüfen. Der Senat lehnte einen entsprechenden Antrag von Teilen der Professorenschaft ab

 27.11.2025

Berlin

Prozess um Angriff am Holocaust-Mahnmal: »Tat zugegeben«

Polizisten berichten von der Begegnung mit dem Angeklagten wenige Stunden nach der Tat

 27.11.2025