Kirche

Ökumenischer Rat wegen Judenhass-Vorwürfen in der Kritik

ÖKR-Generalsekretär Ioan Sauca (r.), hier bei einer Audienz beim Papst (2021) Foto: imago images/Independent Photo Agency Int.

Wenige Monate vor der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe, wehrt sich das Gremium gegen Antisemitismus-Vorwürfe. Seit der Gründung 1948 habe der ÖRK immer wieder »den Staat Israel unterstützt, ein Ende der Gewalt, die Ablehnung aller Formen des Antisemitismus, ein Ende der illegalen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten und eine verhandelte Zweistaatenlösung für den dortigen Konflikt gefordert«, erklärte der Generalsekretär Ioan Sauca am Montag.

Der Pfarrer reagierte damit auf Medienberichte, nach denen eine Initiative »Gegen jeden Antisemitismus. Gegen Judenfeindschaft im Ökumenischen Rat der Kirche« entsprechende Vorwürfe erhoben hat. In einer im Internet veröffentlichten Erklärung heißt es unter anderem, die Sorge »angesichts judenfeindlicher Tendenzen im ÖRK« sei groß.

Bernd Morlok vom Deutsch-Israelischen Freundeskreis im Stadt- und Landkreis Karlsruhe sagte jüngst den »Badischen Neuesten Nachrichten«, im ÖRK werde »einseitig Stimmung gegen Israel gemacht«. So habe sich der Rat regelmäßig wirtschaftlichen Boykottaufrufen gegen Israel angeschlossen.

Über das Freiwilligen-Programm EAPPI würden Menschen als Touristen nach Israel gebracht, um Material gegen die Politik Israels in den Palästinensergebieten zu sammeln und ein negatives Bild über Israel zu verbreiten. Mehrere Gruppierungen sowie der Grünen-Politiker Volker Beck hätten sich der Initiative angeschlossen, berichtete die Zeitung weiter.

ÖRK-Generalsekretär Sauca entgegnete, die Arbeit des EAPPI solle verbessert werden. So sollten Teilnehmende mehr Kontakt zu jüdischen israelischen Gemeinden und deren Erfahrungen und Perspektiven bekommen. Die »Politik und Praxis der Normalisierung der Besatzung und der anhaltenden militärischen Kontrolle der palästinensischen Gebiete seit 1967« lehne der ÖRK nach wie vor entschieden ab.

»So wie wir das Existenzrecht des Staates Israel und das Recht des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung bekräftigen, so bekräftigen wir auch das gleiche Recht des palästinensischen Volkes auf die Verwirklichung seines Rechts auf Selbstbestimmung in einem lebensfähigen Staat in den seit 1967 besetzten Gebieten und mit Jerusalem als einer gemeinsamen Stadt für zwei Völker und drei Religionen«, erklärte Sauca.

»Ebenso wie wir Antisemitismus als Sünde gegen Gott und die Menschheit kategorisch verurteilen, lehnen wir Diskriminierung, Ausgrenzung, kollektive Bestrafung und Gewalt gegen das palästinensische Volk auf der Grundlage von Ethnizität, Rasse oder Religion ebenfalls als Sünde gegen Gott und die Menschheit ab.«

Der ÖRK versteht sich als Gemeinschaft von rund 350 christlichen Kirchen, die weltweit mehr als 580 Millionen Menschen vertreten. Darunter sind orthodoxe, anglikanische, baptistische, lutherische, methodistische und reformierte sowie unabhängige Kirchen.

Die Vollversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium. Sie tritt in der Regel alle acht Jahre zusammen und ist den Angaben zufolge »die umfassendste Zusammenkunft von Christinnen und Christen weltweit«. Vom 31. August bis 8. September findet sie zum ersten Mal in Deutschland statt. Es ist die elfte Vollversammlung überhaupt. Das Motto lautet: »Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt.«

Themen wie das Wiederaufleben von Antisemitismus und anderem Hass gegen bestimmte Menschengruppen und die Ungerechtigkeiten und Verletzungen, die das palästinensische Volk erfahre, werden Sauca zufolge in den Diskussionen der 11. Vollversammlung »zweifellos sehr präsent sein«. »Ebenso wie viele andere Krisen und noch nie dagewesene Herausforderungen, denen sich die Kirchen und Völker der Welt in dieser Zeit unserer Geschichte gegenübersehen.« dpa

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025