Altersarmut

Niedrigere Rente für Juden?

Leben unterhalb des Existenzminimums Foto: dpa

Der eine bekommt heute eine Rente, weil er als Spätaussiedler dem ›deutschen Kulturkreis‹ zugerechnet wird, der andere muss von Grundsicherung im Alter leben, weil er Jude ist und als Kontingentflüchtling nach Deutschland kam», sagt Volker Beck. «Das ist nur schwer nachvollziehbar, ohne dabei nicht wütend zu werden.» So begründet der Politiker von Bündnis 90/Die Grünen und Träger des Leo-Baeck-Preises eine Kleine Anfrage im Bundestag zur Altersarmut bei jüdischen Zuwanderern.

Etwa 220.000 Juden kamen nach 1991 als «Kontingentflüchtlinge» aus der Ex-Sowjetunion nach Deutschland. Viele Zuwanderer leben im Alter von Sozialhilfe oder Altersgrundsicherung. Für die Betroffenen ein entwürdigender Zustand, auf den der Zentralrat der Juden in Deutschland schon seit Jahren immer wieder hingewiesen hat.

Zuwanderer Auch die Grünen im Bundestag beschäftigen sich schon lange mit dem Thema. Nun wollen Volker Beck und seine Fraktion von der Bundesregierung konkrete Auskunft: Wie viele Betroffene gibt es, wurden Studien zu ihrer Lage erstellt, und warum hat die Bundesregierung noch keine Sozialversicherungsabkommen mit den Herkunftsländern der Zuwanderer, den Staaten der früheren Sowjetunion, abgeschlossen.

Von dort erhalten viele Zuwanderer keine oder nur winzige Renten. Und wegen der fehlenden Abkommen werden die dort erworbenen Beitragszeiten hierzulande nicht anerkannt. Hinzu kommt, dass viele in Deutschland häufig arbeitslos oder nur kurze Zeit beschäftigt waren, oft auch nur geringfügig. So fehlt ihnen eine ausreichende Altersversorgung aus der Deutschen Rentenversicherung.

Auch nach dem Fremdrentengesetz haben jüdische Zuwanderer keine Ansprüche, da in der Regel angenommen wird, dass sie nicht dem «deutschen Sprach- und Kulturkreis» angehören und also nicht unter das Fremdrentengesetz fallen. Diese Ungleichbehandlung beklagt auch Sergey Lagodinsky, Repräsentant der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und Mitglied der Grünen. Er fragt, warum «jüdische Senioren und Holocaustüberlebende schlechter gestellt werden» als deutschstämmige Spätaussiedler. «Mit anderen Worten: Ist das Jüdischsein ein sachlicher Grund für die Altersarmut?» So argumentiert auch Volker Beck: «Es ist verwunderlich, dass in Deutschland zwischen zwei Menschen rentenrechtlich unterschieden wird, die in der ehemaligen Sowjetunion womöglich sogar nebeneinander die Schulbank drückten und in den 90er-Jahren gleichzeitig nach Deutschland einwanderten.»

Mit ihrer Anfrage wollen die Grünen die Bundesregierung dazu bringen, endlich Sozialversicherungsabkommen mit den früheren Sowjetrepubliken abzuschließen und gleichzeitig schnelle Maßnahmen zur Linderung der Altersarmut bei jüdischen Zuwanderern zu ergreifen. ja

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025