Leonard Kaminski

»Nie wieder!« allein reicht nicht aus

Es ist genau zwei Wochen her, dass sich Politiker und andere Meinungsführer fast aller Couleur mit »Nie wieder«-Botschaften gegenseitig überboten haben. Der Anlass: Der 80. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen. Der Tenor: Deutschland hat damals große Schuld auf sich geladen, dementsprechend groß ist nun die Freude, dass wir mit unseren Nachbarn in Frieden leben dürfen.

Dass von Deutschlad nie wieder ein rassistischer Vernichtungskrieg losgetreten werden darf, ist zwar absolut richtig, aber eine besonders revolutionäre Idee ist es nicht. Vielmehr ist diese Art des »Nie wieder« viel zu kurz gedacht, egozentrisch und in letzter Konsequenz auch feige.

Gerade ein Land wie Deutschland muss Verantwortung übernehmen - über seine Grenzen und seine eigenen Taten hinaus.

LEHRE Die eigentliche Lehre aller Jahrestage rund um den Zweiten Weltkrieg und die Schoa muss sein: Nie wieder dürfen wir unbegründete Aggression und das massenhafte Töten von Menschen, egal ob von Deutschland ausgehend oder nicht, einfach hinnehmen. Gerade ein Land wie die Bundesrepublik, mit all seiner wirtschaftlichen Macht, seinem diplomatischen Standing und seinem positiven Bild in praktisch jedem Land der Welt, muss Verantwortung übernehmen - über seine Grenzen und seine eigenen Taten hinaus.

Wenn »Nie wieder« ernst gemeint ist - wo sind wir dann? Wo ist Deutschland, wenn Russland in andere Länder einmarschiert? Wo sind wir, wenn Assads Syriens Kinderkrankenhäuser mit Gas angreift? Weshalb wäre der als Reaktion auf den Hilferuf aus Mali erfolgte Einsatz Frankreichs gegen die dortige Islamistenarmee in Deutschland undenkbar? Ein betroffenes Statement samt scharfer Verurteilung ist keine adäquate Reaktion auf Fassbomben, die auf Zivilisten geworfen werden.

Ein betroffenes Statement samt scharfer Verurteilung ist keine adäquate Reaktion auf Fassbomben, die auf Zivilisten geworfen werden.

Immerhin: In seiner Rede zum 1. September in Polen gestand Bundespräsident Steinmeier ein, dass die Geschichte Deutschland zur Übernahme von Verantwortung verpflichtet - zumindest in Europa. Auf die Worte müssen jedoch Taten folgen. Das wünschen sich übrigens gerade die damaligen Opfer der Deutschen. Deutschland hat die Fähigkeit, sich für ein echtes »Nie wieder« einzusetzen. Es muss es nur wollen.

Der Autor ist Politikberater und Mitglied der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal: Prozess beginnt

Ein 19-jährigen Syrer soll dort im Februar einem spanischen Touristen lebensgefährlich verletzt haben. Aufgrund einer sofortigen Notoperation überlebte das Opfer

 20.11.2025

Washington D.C.

Trump unterschreibt Gesetz zur Freigabe von Epstein-Akten

Der Druck auf den US-Präsidenten wurde zu groß - nun hat er die Veröffentlichung von Akten zu einem Fall genehmigt, den er nicht loswurde. Was das bedeutet

von Anna Ringle, Franziska Spiecker, Khang Mischke, Luzia Geier  20.11.2025

Russischer Eroberungskrieg

Neuer US-Friedensplan: Ukraine unter Druck

Die USA haben Sanktionen gegen Russland verhängt, doch hinter den Kulissen scheint weiter verhandelt worden zu sein. Kiew trifft dies zu einem doppelt ungünstigen Zeitpunkt

 20.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  20.11.2025

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025