Berlin

»Nicht das, was wir von Freunden erwarten«

Das Auswärtige Amt am Werderscher Markt in Berlin Foto: picture alliance / Daniel Kalker

Dass sich Diplomaten in offizieller Funktion auf Twitter tummeln und dort die Weltläufte kommentieren, ist weder neu noch außergewöhnlich. Dass Diplomaten befreundeter Staaten sich auf dem sozialen Netzwerk aber eine öffentliche Auseinandersetzung liefern, ist dann doch eher selten.

Am Dienstag jedoch setzte der Abteilungsleiter für die Region Naher Osten und Nordafrika im Auswärtigen Amt, Tobias Tunkel, auf seinem offiziellen Account (@GermanyOnMENA) mehrere Tweets ab, die bei Israels Vertretung in Berlin sauer aufstießen und nicht unbeantwortet blieben.

Auf Englisch twitterte der deutsche Diplomat: »Wir lehnen die Entscheidung ab, es israelischen Staatsbürgern zu erlauben, sich dauerhaft in Homesh niederzulassen. Siedlungen sind nach internationalem Recht illegal und bedrohen die Durchführbarkeit der Zwei-Staaten-Lösung und die Bemühungen, Spannungen abzubauen. Die Verlegung des Außenpostens um ein paar Meter ändert nichts an diesen Tatsachen.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Tunkel fügte hinzu: »Wir sind auch zutiefst beunruhigt über die zunehmende Tendenz zu extremistischer Siedlergewalt gegen palästinensische Gemeinden, darunter in jüngster Zeit das Dorf Burqa, das an den Außenposten Homesh angrenzt. Wir verurteilen unmissverständlich alle Akte extremistischer Gewalt, ob von israelischer oder palästinensischer Seite.« Diese Nachricht wurde auch von Deutschlands Botschafter in Tel Aviv, Steffen Seibert, auf dessen Account verbreitet.

Wenige Minuten später setzte Tunkel noch einen dritten Tweet ab: »In demselben Zusammenhang: Wir verurteilen auch den heutigen tödlichen Angriff auf einen israelischen Bürger im besetzten Westjordanland. Solche Taten sind niemals gerechtfertigt. Wir brauchen dringend substanzielle Anstrengungen aller Parteien zur Deeskalation und zur Verbesserung der Sicherheitslage vor Ort.«

Tunkel bezog sich dabei auf den gewaltsamen Tod von Meir Tamari (32). Der Vater von zwei kleinen Kindern war am Dienstag in seinem Auto von palästinensischen Terroristen angeschossen und so schwer verletzt wurde, dass er einige Stunden später verstarb.

Der Anschlag ereignete sich in der Nähe der israelischen Siedlung Hermesh bei Dschenin im nördlichen Westjordanland.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Ob der deutsche Diplomat Tunkel in seinen Tweets das »Wir« als Pluralis Majestatis verwendete oder stattdessen so die offizielle Sichtweise des Auswärtigen Amtes und der Bundesregierung verdeutlichen wollte, ist nicht klar.

Israels Botschaft in Berlin konterte aber kurze Zeit später ebenfalls via Twitter, aber auf Deutsch: »Warum wird ein Terroranschlag gegen einen israelischen Fahrer nicht als solcher definiert??? Und wenn man dies in den Kontext des vorherigen Tweet stellt, könnte man es so verstehen, als würde man diesen Terroranschlag rechtfertigen oder einen linkage [sic] mit der israelischen Politik herstellen. Das ist nicht das, was wir von Freunden erwarten.«

Der israelische TV-Sender KAN sprach anschließend sogar von einer »Konfrontation« zwischen Botschaft und Auswärtigem Amt.

Es war nicht das erste Mal, dass Tunkel sich auf seinem Twitter-Account kritisch über die israelische Politik äußerte. Im März postete er folgende Nachricht: »Die Äußerungen von [Israels] Minister [Bezalel] Smotrich waren falsch, aufrührerisch und gefährlich«. Zuvor war der Finanzminister auf einem Foto zu sehen gewesen, auf welchem eine Landkarte zu sehen war, die Jordanien als Teil Israels abbildete.

KRITIK »Aber nicht nur die territoriale Integrität Jordaniens muss respektiert werden. Auch die Identität und die Rechte des palästinensischen Volkes sind durch das Völkerrecht garantiert«, so Tunkel weiter. Mit öffentlicher Kritik an anderen Regierungen in Nahost und Nordafrika ist der deutsche Spitzendiplomat dagegen weitaus zurückhaltender.

Jüngst twitterte er höfliche Kritik: »Die Wiederaufnahme Syriens in die Arabische Liga und die Einladung [des syrischen Dikators] Assads zu ihrem Gipfeltreffen ist eine souveräne Entscheidung, die wir respektieren, auch wenn wir anderer Meinung sind.«

Am Mittwoch bekundete Deutschlands Botschafter Steffen Seibert dann in einem englischen Tweet seine Trauer über den tödlichen Terroranschlag auf Meir Tamari. »Mit Entsetzen habe ich von dem Schussangriff im nördlichen Westjordanland erfahren, bei dem Meir Tamari sein Leben verlor - und seine Familie einen Sohn, Ehemann und Vater. Meine Gedanken sind bei denen, die um ihn trauern. Ein solcher Terrorismus muss von allen klar abgelehnt werden.«

Tobias Tunkels Twitter-Account blieb dagegen am Mittwochvormittag stumm. Ob das mit der Aufregung zusammenhing, die seiner Postings vom Vortag ausgelöst hatten, wurde zunächst nicht bekannt.

Genf

Entscheidung gefällt: Israel bleibt im Eurovision Song Contest

Eine Mehrheit der 56 Mitgliedsländer in der European Broadcasting Union stellte sich am Donnerstag gegen den Ausschluss Israels. Nun wollen Länder wie Irland, Spanien und die Niederlande den Musikwettbewerb boykottieren

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Medien

»Die Kritik trifft mich, entbehrt aber jeder Grundlage«

Sophie von der Tann wird heute mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis geehrt. Bislang schwieg sie zur scharfen Kritik an ihrer Arbeit. Doch jetzt antwortete die ARD-Journalistin ihren Kritikern

 04.12.2025

Karlsruhe/München

Mutmaßlicher Huthi-Terrorist angeklagt

Ein Mann soll für die Terrororganisation im Jemen gekämpft haben. Deutschlands oberste Anklagebehörde will ihn vor Gericht sehen

 04.12.2025

Antisemitismus

Litauen: Chef von Regierungspartei wegen Antisemitismus verurteilt

In Litauen ist der Chef einer Regierungspartei mehrfach durch antisemitische Aussagen aufgefallen. Dafür musste er sich vor Gericht verantworten. Nun haben die Richter ihr Urteil gefällt

 04.12.2025

Berlin

Verfassungsschutz nimmt neue AfD-Jugend ins Blickfeld

Ist auch die »Generation Deutschland« rechtsextremistisch? Sie rückt bereits in den Fokus des Bundesamts für Verfassungsschutz

 04.12.2025

Berlin

Merz und Wegner nennen Lübcke-Statue geschmacklos

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) äußerte Unmut: Das Schicksal eines von einem Rechtsradikalen ermordeten Politiker zu instrumentalisieren, sei an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten

 04.12.2025

Bayern

Landtag wirbt für Yad Vashem-Außenstelle in München

Ein fraktionsübergreifenden Antrag – ohne Beteiligung der AfD - für eine Außenstelle der israelischen Gedenkstätte im Freistaat liegt vor

 04.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  04.12.2025

Graz

Verharmlosung von NS-Verbrechen: Haft für Deutschen in Österreich

Lange Haftstrafe für einen Publizisten: Was steckt hinter dem Urteil, und wie stufen Extremismusforscher seine bereits eingestellte Zeitschrift ein?

 04.12.2025