Rechtsextreme

Neues Feindbild

Gegen alles, was nicht wirklich deutsch ist: Manfred Rouhs (M.) bei einer Kundgebung in Köln Foto: dpa

Manfred Rouhs ist Bundesvorsitzender der rechtspopulistischen Wählervereinigung »Pro Deutschland«. »Ein Supermarkt ist keine Synagoge, ein Supermarkt ist auch keine Moschee«, sagt er. Mit einer Kampagne gegen das Schächten will Rouhs seiner Partei bei den 2011 anstehenden Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen zum Erfolg verhelfen. Zwar richtet sich die kulturfeindliche Kampagne in erster Linie gegen alles Islamische. Aber mit der Zuspitzung auf das rituelle Schächten ist auch ein jüdischer Brauch in den Fokus der Rechtsextremen gerückt. Dass das jüdische Schächten gleichermaßen einbezogen wird, darauf wies der Berliner Landesgeschäftsführer Lars Seidensticker in einem Pressegespräch ausdrücklich hin.

israel Manfred Rouhs fordert im Namen seiner Partei, dass Fleisch von Tieren, die derart geschlachtet würden, nicht in den normalen Handel gelangen dürfe. Rouhs will damit argumentieren, dass dies dem deutschen Tierschutzgesetz widerspreche. Im Unterschied zu der »islamischen Seite« sei das koschere Fleisch der »jüdischen Seite« allerdings nicht an jeder Ecke zu erwerben, sagte Rouhs einschränkend. Schließlich hatte seine Bewegung nach außen zu- letzt immer wieder bewusst einen juden- und israelfreundlichen Kurs propagiert.

Von einem »taktischen Wandel der Feindbilder, für den man sich bloß die pro-israelische Maske aufsetzt« sprechen in diesem Zusammenhang Experten wie Alexander Häusler von der Arbeitsstelle Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf. Häusler beobachtet die Pro-Bewegung seit ihren Anfängen in den 90er-Jahren. Tatsächlich sei der Antisemitismus unter den Anhängern der Partei, die in ihrem Stammland als Pro Köln und Pro NRW auftritt, nach wie vor verbreitet – wie in der gesamten extremen Rechten.

Parteifunktionäre gehen aber davon aus, dass offener Judenhass ihrem europaweiten Aufstieg im Wege steht. Dieser Überzeugung ist auch der schwedische Millionär Patrik Brinkmann, der Pro Deutschland in Berlin finanziell unterstützt und immer wieder für einen Wandel der Feindbilder eintritt, »weil sich die deutsche Rechte von ihrer Vergangenheit emanzipieren muss«, wie er sagt.

Das jedoch dürfte schwerfallen. Denn die in der Pro-Bewegung einflussreichen christlichen Fundamentalisten sympathisieren öffentlich mit Holocaust-Leugnern wie dem katholischen Bischof Richard Williamson von der Pius-Bruderschaft. In Köln habe man vor Jahren dazu aufgerufen, den damaligen antisemitischen FDP-Prominenten Jürgen W. Möllemann in seiner Auseinandersetzung gegen das »arrogante Auftreten eines Michel Friedman« zu unterstützen, zitiert Häusler den Kölner Ableger: »Möllemann ist im Streit mit dem Zentralrat der Juden eingeknickt«, hatte es damals geheißen. Überdies hat die Hochschulgruppe von Pro Köln öffentlich zur Solidarität mit der Intifada aufgefordert. Nach Einschätzung Häuslers hat die Bewegung ihren taktischen Wandel hin zu einer vermeintlichen israelfreundlichen Haltung von der rechtspopulistischen und offen rassistischen Bewegung Vlaams-Belang abgeschaut, die in den vergangenen Jahren im flämischen Teil Belgiens mit dieser Strategie zu Macht und großem Einfluss gekommen ist.

vorbild belgien Indirekt stimmt Manfred Rouhs der Beobachtung des Düsseldorfer Politologen zu. »Ich gehe davon aus, dass dieses Modell prinzipiell auf die gesamte Bundesrepublik zu übertragen ist, das würde uns dann einen ähnlichen Status bringen, wie ihn der Vlaams-Belang in Flandern hat«, sagte Rouhs in Berlin.

Unter dem Namen Pro Köln ist die Bewegung bereits seit sechs Jahren im dortigen Stadtrat vertreten. Aus dieser Fraktion heraus organisiert sie den deutschlandweiten Strukturaufbau. Bei den Landtagswahlen im Mai dieses Jahres kam Pro NRW zwar nur auf vergleichsweise geringe 1,4 Prozent der Wählerstimmen, konnte dabei aber ihre rheinischen Hochburgen ausbauen sowie die NPD im einwohnerreichsten Bundesland als wichtigste politische Kraft der extremen Rechten ablösen.

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