Holocaust

Neuer Streit um Gedenkstätten-Fahrten nach Polen

Israelische Besuchergruppe bei einer Virtual-Reality-Präsentation in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau Foto: picture alliance / REUTERS

Eigentlich hatten alle gedacht, der Streit sei nun beigelegt, doch weit gefehlt. Ein Ende März zwischen den Außenministern Polens und Israels geschlossenes Abkommen, das noch nicht ratifiziert ist, sorgt in Israel nun für gewaltigen Ärger. Die Tageszeitung »Haaretz« hatte am Montag den Text der Übereinkunft veröffentlicht und damit harsche Reaktionen von Historikern und Politikern ausgelöst.

Anlass für das Abkommen war der seit mehr als einem Jahr währende Streit um israelische Gruppenbesuche in Polen und um Vorwürfe, die polnische Seite instrumentalisiere das Gedenken an die Schoa, indem sie versuche, Einfluss auf das Besuchsprogramm und die besuchten Gedenkorte zu nehmen.

Rund 25.000 junge Israelis besuchen jedes Jahr Polen. Zahlreiche Studienfahrten waren wegen des Streits jedoch verschoben oder ganz abgesagt worden. Stattdessen verschlechterten sich die bilateralen Beziehungen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die jüngst getroffene Vereinbarung zwischen Warschau und Jerusalem sollte den Zwist eigentlich beenden. Aber nun nimmt die Debatte erst richtig Fahrt auf. In dem Abkommen werden von polnischer Seite empfohlene Stätten aufgeführt, die nach Ansicht von Kritikern ein verzerrtes Bild des Holocaust vermitteln. Mit der Quasi-Verpflichtung, mindestens eine dieser Stätten zu besuchen, werde die Kollaboration vieler Polen mit den deutschen Besatzern bei der Verfolgung von Juden während des Zweiten Weltkriegs ignoriert und stattdessen die Bemühungen einzelner Polen zur Rettung von Juden überhöht.

LISTE Laut Abkommen soll wenigstens eine von 32 empfohlenen Stätten in Polen bei jeder israelischen Gruppenreise besucht werden. Die Liste enthält Stätten, die an die Opfer der sowjetischen Unterdrückung erinnern, darunter angeblich auch an Polen, die Juden getötet haben. Sie enthält auch zwei große jüdische Museen sowie eine Reihe von Museen zur allgemeinen polnischen Geschichte, die thematisch nichts mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun haben.

Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem erklärte in einem Statement, es sei «von entscheidender Bedeutung», dass die Gruppenbesuche in Polen angemessen vorbereitet und durchführt würden. Dabei müsse auf eine «vollständige historische Genauigkeit» geachtet werden, einschließlich «der Rolle von Polen bei der Verfolgung, Aufspürung und Ermordung der Juden während des Holocausts und auch bei Rettungsaktionen».

Die jüngste Vereinbarung enthalte in dieser Hinsicht keine Vorgaben oder Einschränkungen, erklärte die Gedenkstätte. Sie enthalte aber Orte, die problematisch seien und deswegen nicht im Rahmen von Bildungsreisen besucht werden sollten. «Yad Vashem wird sich nicht an Gruppenbesuchen von Stätten beteiligen, bei denen davon auszugehen ist, dass sie die Ereignisse des Holocaust verfälschen oder eine historisch ungenaue Darstellung präsentieren.»

Ob die Knesset das Abkommen in der gegenwärtigen Fassung ratifizieren wird, steht noch nicht fest. mth

Berlin

Der falsche Konsens

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellt im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025

Terrorismus

Berlin: Waffenkurier der Hamas wohnte in unmittelbarer Nähe zu mehreren jüdischen Einrichtungen

Im Auftrag der Terrororganisation Hamas sollen mehrere Männer jüdische und proisraelische Ziele unter anderem in der Hauptstadt ausgespäht und Waffen eingeschmuggelt haben. Nun berichten »Zeit« und »Welt« über die Hintergründe

 27.11.2025

Bildung

Im Land der Täter

Bis März soll die Entscheidung fallen, wo die Dependance der Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland angesiedelt wird

von Michael Thaidigsmann  27.11.2025

München

Uschi Glas: Christen müssen jüdische Mitbürger schützen

Uschi Glas mahnt Christen zum Schutz von Juden. Sie warnt vor neuer Ausgrenzung und erinnert an eigene Erfahrungen nach dem Krieg. Was sie besonders bewegt und warum sie sich Charlotte Knobloch verbunden fühlt

von Hannah Krewer  27.11.2025

Entscheidung

Uni Jena lehnt Prüfung von Kontakten mit israelischen Hochschulen ab

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena wird Kooperationen mit israelischen Hochschulen nicht auf mögliche Verbindungen zum Militär überprüfen. Der Senat lehnte einen entsprechenden Antrag von Teilen der Professorenschaft ab

 27.11.2025

Berlin

Prozess um Angriff am Holocaust-Mahnmal: »Tat zugegeben«

Polizisten berichten von der Begegnung mit dem Angeklagten wenige Stunden nach der Tat

 27.11.2025