Abraham Geiger Kolleg

Neuaufstellung in Potsdam?

Abraham Geiger Kolleg am Institut für Jüdische Theologie in Potsdam Foto: IMAGO/Jürgen Ritter

Die Vorwürfe wegen sexualisierter Belästigung und Machtmissbrauch am Potsdamer Abraham Geiger Kolleg (AGK) haben nun zu weiteren Konsequenzen geführt. Seit vergangener Woche ist die Leo Baeck Foundation alleiniger Träger des liberalen Rabbinerseminars. Das teilte das AGK am vergangenen Freitag mit.

Das Kolleg ist seit 2002 als gemeinnützige GmbH organisiert. Bislang hielt die Leo Baeck Foundation nur zehn Prozent der Anteile an dem Unternehmen, 90 Prozent dagegen der Mitgründer und langjährige Geschäftsführer, Rabbiner Walter Homolka. Nun seien dessen Anteile »unentgeltlich« der Leo Baeck Foundation übertragen worden, hieß es bei der Stiftung.

ämter Welche Rolle Homolka künftig innerhalb des AGK spielen wird, blieb zunächst unklar, ebenso, ob es auch einen personellen Neuanfang in Potsdam geben wird. Der Rabbiner teilte vor drei Wochen mit, er lasse bis zur Klärung des Sachverhalts seine öffentlichen Ämter vorerst ruhen. Doch die interimistisch mit der Führung der Leo Baeck Foundation betraute Kanzlerin des Geiger-Kollegs, Anne-Margarete Brenker, war über viele Jahre hinweg Homolkas rechte Hand.

Brenker sprach im Zusammenhang mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile an die Foundation von einem wichtigen Schritt für die Neuaufstellung des Kollegs. Fragen der Jüdischen Allgemeinen an die vom AGK mit der Pressearbeit beauftragte Agentur für Kommunikationsberatung wurden bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.

Die Leo Baeck Foundation wurde 2005 gegründet und bislang von Homolka geführt. Nach eigener Darstellung sorgt sie vor allem für die »Beschaffung von Mitteln für das Abraham Geiger Kolleg und das Zacharias Frankel College an der Universität Potsdam sowie das Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk« (ELES).

vorstand Als zweiter vertretungsberechtigter Vorstand der Leo Baeck Foundation wurde der seit 2009 amtierende ELES-Geschäftsführer Jo Frank bestimmt. Vergangene Woche war bereits die ehemalige Berliner Finanzstaatssekretärin Gabriele Thöne zur Interimsdirektorin des AGK ernannt worden. »Höchste Priorität hat für uns, zügig alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um das Abraham Geiger Kolleg in die Zukunft zu führen und so auch weiterhin das liberale Judentum in Deutschland zu stärken«, erklärte Thöne.

Die Allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK) begrüßte die Einrichtung unabhängiger Untersuchungsstellen.

Im Mittelpunkt der Vorwürfe gegen das Geiger-Kolleg steht ein langjähriger Mitarbeiter der jüdischen Ausbildungsstätte. AGK-Angaben zufolge wurde er nach Bekanntwerden des ersten Vorfalls im Dezember 2020 zunächst abgemahnt. Mit Bekanntwerden eines zweiten Falles sexualisierter Belästigung sei das Arbeitsverhältnis dann Ende Februar dieses Jahres beendet worden.

Vergangene Woche hatte der Zentralrat der Juden in Deutschland die Kölner Rechtsanwaltskanzlei Gercke Wollschläger mit der Untersuchung der Vorfälle beauftragt. Sie hat jüngst bereits Missbrauchsfälle im Erzbistum Köln untersucht.

transparenz Zentralratspräsident Josef Schuster sagte, im Hinblick »auf mögliche Opfer« brauche es »eine vorbehaltlose, unabhängige und lückenlose Aufklärung« der Vorwürfe. Man wolle damit »größtmögliche Transparenz schaffen«. Zudem gelte es, möglichen »Schaden von der jüdischen Gemeinschaft abzuwenden«, so Schuster.

Die Allgemeine Rabbinerkonferenz (ARK) begrüßte die Einrichtung unabhängiger Untersuchungsstellen und ermunterte »alle, die im Zusammenhang des Abraham Geiger Kollegs Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch und Machtmissbrauch gemacht haben, sich an diese Stellen zu wenden«. Der Fortbestand der Rabbinerausbildung habe höchste Priorität. Auch wolle man personell in die Neustrukturierung der betroffenen Institutionen einbezogen werden, teilte die Rabbinerkonferenz mit.

Betroffene und Zeugen können sich direkt bei der Kanzlei Gercke Wollschläger melden. Telefon: 0152/59 63 90 83,
E-Mail: untersuchung@gw-strafrecht.de

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Berlin

Merz verspricht Schutz jüdischen Lebens in Deutschland

Bei der diesjährigen Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz im Jüdischen Museum Berlin an Amy Gutmann und David Zajfman gab Bundeskanzler Friedrich Merz ein klares Versprechen ab

 16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025