Die frühere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnt die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Handelssanktionen gegen Israel ab und geht mit dem Kurs ihrer Partei gegenüber Israel ins Gericht. In einem Interview mit der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (Samstagsausgabe) betonte Faeser, sie sei gegen die Aussetzung des EU-Israel-Assoziierungsabkommens, weil damit Israels Zivilgesellschaft getroffen würde.
»Maßgebliche Kräfte in der israelischen Gesellschaft wollen den Krieg beenden. Gerade die müssen wir unterstützen. Deshalb bin ich gegen die Aussetzung des Assoziierungsabkommens.« Allenfalls gegen bestimmte israelische Minister hält Faeser Strafmaßnahmen für angebracht.
Die Debatte über den Gaza-Krieg wird ihrer Meinung nach in Deutschland »zu einseitig geführt«, so die SPD-Bundestagsabgeordnete. »Seien wir doch ehrlich: Würde die Hamas alle Geiseln, die noch in ihrer Gewalt sind, freilassen, dann müsste Israel sofort den Krieg beenden. Darüber hinaus müssten auch die täglichen Angriffe auf Israel aufhören. Mir fehlt in der Debatte der Blick auf den Antisemitismus in Deutschland«, so Faeser.
Die SPD-Politikerin nannte es »unerträglich und beschämend«, dass in Deutschland der Antisemitismus umgehend nach dem 7. Oktober 2023 angestiegen sei. »Israel ist angegriffen worden – und sofort fing der Judenhass an zu wachsen. Mich stört, dass es nach dem 7. Oktober keinen Aufschrei der Zivilgesellschaft, wie zum Beispiel der Kulturszene, gab«, sagte sie der FAZ.
Alle, die sich zu dem Konflikt äußerten, müssten »mitdenken und benennen«, dass ihre Äußerungen auch Folgen für die Situation von Juden in Deutschland haben könnten, so Faeser. Auf die Frage nach der Haltung ihrer Partei zu Israel meinte die 52-Jährige, es gebe keine einheitliche Position zu Sanktionen.
Führende SPD-Politiker, darunter der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion Adis Ahmetovic, hatten zuletzt die Zustimmung der Bundesregierung zu den Sanktionsvorschlägen der EU-Kommission verlangt. Faeser, die bis Anfang Mai Bundesinnenministerin war, sagte dazu: »Mir war immer wichtig, solche Beziehungen zu stärken. Darüber reden wir ja kaum noch.« mth