Porträt

Boris Palmer kehrt zurück

Boris Palmer Foto: picture alliance / Pressebildagentur ULMER

Einen Monat nach Beginn seiner Auszeit kehrt Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer am Montag wieder ins Rathaus zurück. »Die Auszeit von Boris Palmer endet mit dem Monat Juni«, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung. Der erste Tag nach der Auszeit ist demnach der kommende Samstag. Am Montag nehme Palmer dann auch wieder den regulären Dienstbetrieb im Rathaus auf.

Öffentlich als Oberbürgermeister auftreten wird Palmer aber schon früher. »Einzelne Termine nimmt er bereits ab Freitag, 30. Juni, wieder wahr«, sagte die Sprecherin. So wird Palmer etwa am Freitagabend bei der Eröffnung des Tübinger Sommerfestes auf dem Festplatz erwartet - und darf direkt zeigen, wie gut er sich in seiner Auszeit erholt hat: Nach Angaben der Veranstalter werde Palmer den Fassanstich »so routiniert und bravourös wie in den vergangenen Jahren« erledigen, heißt es in der Einladung für das Fest.

Der Tübinger Oberbürgermeister hatte sich am 1. Juni in eine vierwöchige Auszeit verabschiedet. Der Grund dafür war ein Eklat rund um Aussagen Palmers am Rande einer Migrationskonferenz Ende April in Frankfurt/Main. Dort hatte er eine Auseinandersetzung mit einer Protestgruppe über seine Verwendung des »N-Wortes«. Die Protestierenden konfrontierten ihn mit »Nazis raus«-Rufen.

Daraufhin sagte er: »Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi.« Mit dem »N-Wort« wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben.

Palmer bestätigte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dass die Äußerungen so gefallen sind. »Ich habe die Methode der Protestierer, mir den Stempel als Nazi und Rassist aufzudrücken, niederzuschreien und auszugrenzen, als Vergleich herangezogen«, erklärte Palmer den Kontext aus seiner Sicht. Er habe den Protestierenden erklärt, dass Nazis die Gräber seiner Vorfahren mit Hakenkreuzen beschmiert hätten und ihnen entgegnet, dass »ihre Methode der Ächtungen und Ausgrenzung sich nicht vom Judenstern unterscheidet«.

Nach dem Eklat bestätigte Palmer der dpa die Verfolgung seiner jüdischen Vorfahren durch die Nazis. 2021 hatte er seine Familiengeschichte auf Facebook thematisiert: Auf dem jüdischen Friedhof in Königsbach lägen seine Ahnen bis ins 18. Jahrhundert. 1937 sei der Familie dann die Flucht in die USA gelungen. Sein Vater blieb als »uneheliches Kind einer Nichtjüdin im Remstal und wurde in der Schule vom Lehrer Moses genannt, nicht Helmut«.

Auch Weggefährten hatten Palmer wegen der Wortwahl in Frankfurt am Main scharf kritisiert. Nach der Eskalation war er bei den Grünen ausgetreten. Davor hatte seine Mitgliedschaft in der Partei wegen eines anderen Skandals geruht.

Auf Facebook meldete sich Palmer bereits am Montag mit einem ersten Post zurück - ganz offenbar gut gelaunt. Auf der Plattform teilte Palmer ein neues Profilbild, das ihn lächelnd mit Vollbart, Sonnenbrille und Hut zeigt. Zu dem Foto schrieb er: »Gute Zeit«. Nur wenige Stunden nach Veröffentlichung hatten bereits mehr als 1000 Menschen den Beitrag mit »Gefällt mir« markiert.

Am Dienstag äußerte sich Palmer erstmals zu Details seiner Auszeit: »Ich habe Kraft geschöpft, viele gute Gespräche geführt und die Zeit zum Nachdenken genutzt«, sagte Palmer einer Mitteilung der Stadt zufolge. Weitere Details wolle er nicht nennen. »Ein Ergebnis ist auch die Überzeugung, dass es gerade nicht dienlich wäre, dies nun ausführlich in der Öffentlichkeit zu erörtern«, sagte Palmer. Wichtig sei nur, dass seine Auszeit Früchte trage. »Und das wird sich am besten an den künftigen Ergebnissen der gemeinsamen Arbeit im Tübinger Rathaus ablesen lassen.«

Vor dem Beginn der Auszeit hatte er erklärt, den Monat als Aufgabe zu sehen - und auf eine persönliche Erklärung verwiesen, die er Anfang Mai nach dem Eklat veröffentlicht hatte. Darin schrieb Palmer, er werde während der Auszeit »den Versuch machen, meinen Anteil an diesen zunehmend zerstörerischen Verstrickungen aufzuarbeiten«.

Da er weiter Angriffen wie jenen in Frankfurt am Main ausgesetzt sein werde, bleibe nichts anderes übrig, als zu versuchen, sich selbst zu ändern. »Solange ich nicht sicher bin, neue Mechanismen der Selbstkontrolle zu beherrschen, die mich vor Wiederholungen sichern, werde ich alle Konfrontationen mit ersichtlichem Eskalationspotenzial durch Abstinenz vermeiden«, schrieb Palmer weiter.

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