Raubkunst

»Moralische Verantwortung«

Alle Werke, die nicht der Herkunftsforschung unterliegen, sollen an Gurlitt zurückgegeben werden. Foto: dpa

Eine Einigung im Fall Cornelius Gurlitt haben die Anwälte des Münchner Kunstsammlers, der Freistaat Bayern und die Bundesregierung erreicht. Die Vereinbarung, die in einer gemeinsamen Pressemitteilung am Montagnachmittag öffentlich gemacht wurde, sieht vor, dass Provenienzforschung durch die sogenannte »Taskforce Gurlitt« weiter stattfindet. Dies gelte für alle bei ihm gefundenen Kunstwerke, »für die ein Verdacht auf NS-verfolgungsbedingten Entzug (sog. Raubkunst) oder auch indirekt in Fällen der sog. entartete Kunst nicht ausgeschlossen werden kann«.

forschung Fotografien dieser Bilder werden auch bei der Online-Datenbank »Lost Art« eingestellt. Wenn allerdings innerhalb eines Jahres die Recherche nicht abgeschlossen wird, gehen die – bis dahin weiterhin beschlagnahmten Bilder – an Gurlitt zurück. Die Forschung kann aber dennoch weitergehen, und zum Forscherteam gehört auch ein Wissenschaftler, den Gurlitt dorthin entsendet.

Die Kosten der Herkunftsforschung tragen Bund und der Freistaat Bayern. »Soweit Restitutionsansprüche angemeldet wurden oder bestehen können, bleiben die Werke auch nach Jahresablauf in treuhänderischer Verwahrung«, heißt es in der Mitteilung. Alle anderen Bilder gehen an Gurlitt zurück.

Rechtmäßigen Besitzern oder deren Erben sagt Gurlitt zu, dass es nach sogenannten Washingtoner Prinzipien zu »fairen und gerechten Lösungen« kommt, das bedeutet im Normalfall die Rückgabe des Kunstwerks. Dieser Lösungsweg betrifft nicht derzeit laufende Strafverfahren.

ausland Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) erklärte, die Arbeit der Taskforce gehe weiter, unabhängig von den strafrechtlichen Ermittlungen. So könnten die Opfer des NS-Terrors ihre Rechte an Kunstwerken geltend machen. »Denn die Bedeutung des sogenannten Schwabinger Kunstfundes geht weit über ein Strafverfahren wegen steuerlich relevanter Sachverhalte hinaus«, so Bausback. »Er wirft mit der Frage, wie wir mit den Kunstwerken umgehen, ganz grundsätzliche und übergeordnete Fragen auf. Sie betreffen unser aller Verantwortung für die Aufarbeitung von nationalsozialistischem Unrecht und für dessen Opfer. Auf der ganzen Welt schaut man darauf, welche Antwort wir auf diese Fragen finden – und diese Vereinbarung ist eine gute Antwort!« Bausback lobte den 81-jährigen Gurlitt, dieser stehe »zu seiner moralischen Verantwortung«.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters sagte, die Lösung sei aus ihrer Sicht juristisch unangreifbar. Wichtig sei, dass Deutschland »gerade auch gegenüber dem Ausland ein deutliches Zeichen« setze. Die in der Gurlitt-Affäre gesammelten Erfahrungen gingen in das bald zu gründende »Nationale Zentrum Kulturgutverluste« ein.

Christoph Edel, der als Anwalt die Interessen von Cornelius Gurlitt vertritt, sagte, sein Mandant nehme »auf vorbildliche Weise moralische Verantwortung wahr und gibt ein gutes Beispiel«. Erreicht worden sei, dass alle Werke, die nicht der Herkunftsforschung unterliegen, an Gurlitt zurückgegeben werden. ja

Urteil

Verbot des Berliner Palästina-Kongresses war rechtswidrig

Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Verbot eines Palästina-Kongresses nachträglich für rechtswidrig erklärt

 26.11.2025

Hans-Jürgen Papier

»Es ist sehr viel Zeit verloren gegangen«

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts zieht eine Bilanz seiner Arbeit an der Spitze der »Beratenden Kommission NS-Raubgut«, die jetzt abgewickelt und durch Schiedsgerichte ersetzt wird

von Michael Thaidigsmann  26.11.2025

Wehrpflicht

Freiheit gemeinsam verteidigen

Russlands Angriffskrieg unterstreicht die Notwendigkeit einer starken Bundeswehr. Wenn die Situation es erfordert, dann müssen auch wir Juden bereit sein, unseren Beitrag zu leisten

von Josef Schuster  26.11.2025

Verhandlung

Verbot israelfeindlicher Proteste: Berlin mit Klagen konfrontiert

Das Verwaltungsgericht prüft zwei unterschiedlich gelagerte Klagen von Veranstaltern einer Demonstration im Dezember 2023 und des sogenannten Palästina-Kongresses im April 2024

 26.11.2025

Potsdam

BSW vor Zerreißprobe: Dorst stellt Parteiverbleib infrage

Die jüngsten Ereignisse haben Implikationen für die Landesregierung. Bei nur zwei Stimmen Mehrheit im Landtag könnte jeder Bruch in der BSW-Fraktion ihr Ende bedeuten

 26.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 26.11.2025

Buenos Aires

Milei will 2026 Botschaft in Jerusalem eröffnen

Israels Außenminister Sa’ar erklärte in der argentinischen Hauptstadt, »im April oder Mai« werde die Eröffnung erfolgen

 26.11.2025

Montréal

Air Canada prüft Beschwerde über Palästina-Anstecker in der Form Israels

Der Passagier Israel Ellis beschwert sich über das israelfeindliche Symbol an der Jacke einer Stewardess. Sie habe ihn zudem angeschrien, als sie seine Davidstern-Kette gesehen habe

 26.11.2025

Berlin

Friedrich Merz besucht Israel

Als Kanzler ist es sein erster Aufenthalt im jüdischen Staat. Die Beziehungen hatten zuletzt unter Druck gestanden

 25.11.2025