Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich bei einer Veranstaltung in Prag äußerst kritisch zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und dem Krieg in Gaza geäußert. »Wie er diesen Krieg führt – auch mit welcher Erbarmungslosigkeit gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen – teile ich nicht«, sagte Merkel laut »Welt«. Sie selbst sei »auf der Seite gerade all derer, die gegen Netanjahu auch in Israel, bis hin zu hohen Militärs, protestieren«. Merkel: »Israel besteht nicht nur aus Ministerpräsident Netanjahu.«
Während des Live-Interviews vor Publikum in der tschechischen Hauptstadt macht die Altbundeskanzlerin aber auch klar, dass sie trotz ihrer Kritik die Solidarität mit dem jüdischen Staat nicht grundsätzlich in Zweifel zieht. »Das kann mich aber nicht dazu bringen, dass ich sage, nun werde ich aber Israel in seinem Kampf um seine Existenz nicht mehr unterstützen«, sagte Merkel. »Die Antwort kann nicht sein, weil ich mit der Politik von Netanjahu nicht einverstanden bin, stelle ich meine Unterstützung für den Staat Israel und damit auch für die vielen, die selbst kritisch zu Netanjahu sind, infrage.«
Laut »Welt« erinnerte Merkel zudem daran, dass es die Hamas gewesen ist, die den Krieg mit Israel am 7. Oktober 2023 begonnen hat. Die Terrororganisation wolle den jüdischen Staat vernichten und nutze palästinensische Zivilisten als lebende Schutzschilde, so Merkel. Zudem gäbe es eine Unwucht in der Debatte: Im Jemen hungerten derzeit viele Millionen Menschen, die keine Lobby für ihre Interessen hätten. »Wenn es dann um Israel geht, dann wird Israel sehr an den Pranger gestellt«, so die Altbundeskanzlerin.
Merkel prägte den Begriff der »Staatsräson«
Angela Merkel war von 2005 bis 2021 die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. 2008 prägte sie in einer Rede vor dem israelischen Parlament in Jerusalem die Idee, dass Israelis Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson sei. Seitdem wird der Begriff der »Staatsräson« als prägend für das deutsch-israelische Verhältnis immer wieder kontrovers diskutiert. ja