RIAS Sachsen-Anhalt

Meldestelle dokumentiert antisemitische Vorfälle

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff Foto: picture alliance/dpa

Antisemitismus und Judenfeindlichkeit fangen nicht erst mit Gewalttaten an. Auch Äußerungen, abwertende Gesten oder Mobbing können Menschen jüdischen Glaubens verletzen oder einschüchtern. Seit Juli dieses Jahres gibt es dafür die »Meldestelle Antisemitismus RIAS Sachsen-Anhalt« in Trägerschaft des bundesweit tätigen Vereins OFEK e.V. aus Berlin. Dort werden antisemitische Vorfälle unabhängig von ihrer Strafbarkeit erfasst und ausgewertet.

Am Mittwoch wurde die Arbeit der Einrichtung im Beisein von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) der Öffentlichkeit vorgestellt.

mehrheitsgesellschaft Haseloff machte deutlich, dass Antisemitismus ein wachsendes Problem in der Gesellschaft darstelle. »Mehr als ein Dreivierteljahrhundert nach der Schoa müssen wir uns die Frage stellen, warum der Antisemitismus von Generation zu Generation weiter tradiert wird«, sagte er in einem Grußwort. Judenfeindlichkeit gebe es nicht nur in extremistischen Gruppen, sondern bis weit in die sogenannte Mehrheitsgesellschaft hinein, warnte der Ministerpräsident.

Haseloff erinnerte insbesondere an den Anschlag auf die Synagoge in Halle im Oktober 2019, bei dem der Attentäter zwei Personen tötete. Dieser sei »eine Zäsur in unserer Landesgeschichte« gewesen.

Bundesweit, so Haseloff, seien im Jahr 2021 rund 2700 antisemitische Vorfälle registriert wollen, rund 40 Prozent mehr als im Jahr zuvor. In Sachsen-Anhalt waren es 111. Um auf diese Tendenzen zu reagieren, bereite das Land die Stelle eines Antisemitismusbeauftragten vor. Dieser soll bei der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg angesiedelt werden und als zentraler justizinterner Ansprechpartner fungieren.

zentralstelle Zudem werde laut Haseloff bei der Staatsanwaltschaft Halle eine Zentralstelle für Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet eingerichtet. Der im Internet verbreitete Judenhass habe Konsequenzen für unser gesellschaftliches Handeln, so der Ministerpräsident: »Wir dürfen nicht wegschauen, auch Worte können vernichten.«

Wolfgang Schneiß, Ansprechpartner für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus in Sachsen-Anhalt, ergänzte, dass der Fokus der Meldestelle auf den Betroffenen liegen solle, nicht auf der strafrechtlichen Relevanz. Die Abkürzung »RIAS« stehe dabei für »Recherche und Information zu Antisemitismus«.

Die Arbeit der Meldestelle soll sich laut Mitteilung der Landesregierung in enger Kooperation mit der jüdischen Gemeinschaft und zivilgesellschaftlichen Beratungsnetzwerken vor Ort vollziehen. Grundlage ist das »Landesprogramm für jüdisches Leben in Sachsen-Anhalt und gegen Antisemitismus«, das im Oktober 2020 von der Landesregierung beschlossen wurde.

Träger ist der Verein OFEK e.V. mit Sitz in Berlin. Er versteht sich nach eigenen Angaben als Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung. Der Verein ist in mehreren Bundesländern tätig. Neben den Meldestellen für antisemitische Vorfälle bietet er unter anderem Workshops zum Umgang mit judenfeindlichen Tendenzen an. epd

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025