Veggie Day

Maß statt Masse

Renate Künast Foto: imago

Veggie Day

Maß statt Masse

Gutes Essen geht auch ohne Fleisch

von Renate Künast  20.08.2013 16:15 Uhr

Wenn es an die Fleischtöpfe geht – und seien es nur die der öffentlichen Kantinen –, dann wird es schnell irrational. Anders lassen sich die öffentlichen Bekenntnisse zum ungehemmten Fleischkonsum, die den Vorschlag der Grünen zum Veggie Day begleiten, nicht erklären. Aber Essen ist mehr als der persönliche Genuss. Essen ist hochpolitisch, wenn wir die ökologischen und sozialen Auswirkungen unserer Lebensmittelproduktion einmal genauer betrachten.

Heute landen bereits 30 Prozent der Weltgetreideernte nicht mehr auf dem Teller, sondern im Trog, während gleichzeitig 870 Millionen Menschen weltweit hungern. Die Intensivtierhaltung ist damit zum Lebensmittelkonkurrenten des Menschen geworden. Deutschland importiert allein aus Südamerika Soja von 2,5 Millionen Hektar Ackerland. Die Kleinbauern werden von ihrem Land vertrieben und die Lebensmittelerzeugung für die Menschen vor Ort verdrängt. Unser vermeintliches Recht auf Steak untergräbt das Menschenrecht auf Nahrung im globalen Süden.

artensterben Der übermäßige Fleischkonsum heizt den Klimawandel an. 18 Prozent der globalen Treibhausgase stammen aus der Tierhaltung, das ist mehr als das, was das weltweite Verkehrsaufkommen dazu beiträgt. Um neue Anbauflächen für Futtermittel zu gewinnen, wird Grünland umgebrochen und Regenwald gerodet. Beides führt nicht nur zu mehr CO2 in der Atmosphäre, sondern beschleunigt darüber hinaus die zweite ökologische Katastrophe unserer Zeit – das Artensterben.

Billiges Fleisch gibt es nur auf Grundlage millionenfachen Tierleids in der Massentierhaltung. Die Tiere werden systematisch an die Haltungssysteme angepasst, indem Schweinen die Ringelschwänze und Hühnern die Schnabelspitzen abgeschnitten werden. Die Tiere werden auf engstem Raum zusammengepfercht. Ihr kurzes und qualvolles Leben können sie lediglich aufgrund des massiven Einsatzes von Antibiotika und Schmerzmitteln überstehen. Es ist an der Zeit, die Diskussion, ob dieser Umgang mit Tieren als unseren Mitlebewesen ethisch-moralisch zu vertreten ist, zu intensivieren.

massentierhaltung Die gesellschaftliche Debatte über die Auswirkungen unseres Fleischkonsums und der Massentierhaltung hat bei vielen Menschen zu einem Bewusstseinswandel und zu veränderten Essgewohnheiten geführt. Fleisch in Maßen statt in Massen ist die Devise. Denn gutes Essen geht auch ohne Fleisch. Der Veggie Day ist eine Anregung, das auszuprobieren.

Es gab Zeiten, in denen Fleisch das besondere Lebensmittel war, mit dem Gott geehrt, die Kranken versorgt und die außergewöhnlichen Feste des Lebens gefeiert wurden. Auch das ist ein Ziel des Veggie Day: Bewusstsein und Wertschätzung für unsere Lebensmittel und ihre Erzeugung zu schaffen.

Die Autorin ist Vorsitzende der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Relativierung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußerte sich zuvor in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Kommentar

Wenn Ideologen mehr zu wissen scheinen als Expertinnen

Der Antisemitismusbekämpfer und bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Vor 80 Jahren

Zentralrat der Juden: Nürnberger Prozesse waren Wendepunkt

Es waren hochrangige NS-Kriegsverbrecher, die vor 80 Jahren in Nürnberg vor Gericht standen. Was diese Prozesse aus Sicht des Zentralrats der Juden bedeuten - auch heute

von Leticia Witte  21.11.2025

Paris

EJC warnt vor wachsender Radikalisierung junger Menschen im Netz

»Hass ist viral gegangen«, sagt Moshe Kantor, der Präsident der Organisation

 21.11.2025