Organspende

»Lebensrettung hat Priorität«

Rotem Lanzman Foto: Alexandra Roth

Organspende

»Lebensrettung hat Priorität«

Rotem Lanzman über mangelnde Bereitschaft, fehlende Aufklärung und halachische Fragen

von Detlef David Kauschke  17.01.2018 09:59 Uhr

Herr Professor, die Zahl der Organspender hat einen neuen Tiefpunkt erreicht. Für 2017 listet die Stiftung Eurotransplant nur noch 769 Organspenden auf. Welche Erklärung gibt es dafür?
Das hat sicherlich mit dem Göttinger Transplantationsskandal zu tun, durch den das Vertrauen in Organspenden allgemein eingebrochen ist. Dabei sollen Daten manipuliert worden sein, um Patienten schneller zu einer Spende zu verhelfen. Es ging primär um Lebertransplantationen, aber das wirkt sich auch auf die Transplantation anderer Organe aus.

Deutschland gehört in Europa zu den Schlusslichtern. Warum?
Das hängt vermutlich mit der Gesetzeslage zusammen. In vielen Ländern Europas gibt es eine Widerspruchslösung, die besagt, dass man aktiv einer Transplantation widersprechen muss; ansonsten kommen die Organe nach dem Todesfall für eine Transplantation infrage. In Deutschland haben wir hingegen eine erweiterte Zustimmungslösung, bei der aktiv zugestimmt werden muss. Es ist bekannt, dass in Ländern mit einer Widerspruchslösung, wie zum Beispiel Spanien, die Transplantationsrate höher ist.

Mehr als 10.000 Schwerstkranke stehen auf der Warteliste. Wie kann die Bereitschaft zur Organspende erhöht werden?
Eine gesetzliche Änderung ist schwer umzusetzen. Ich persönlich bin auch nicht sicher, ob die Widerspruchslösung die richtige Lösung ist. Es gibt auch heute schon Strukturen, die dem Spendermangel begegnen, Grundlagen sind Vertrauensschaffung und Information. Dies beginnt mit einer fundierten Aufklärung der Bevölkerung, beinhaltet aber auch die Information durch Pflegende und Ärzte.

Mit Verweis auf die Halacha gibt es Vorbehalte. Können Sie diese ausräumen?
Ich bin der Auffassung, dass es definitiv im Sinne des Judentums und der Halacha ist, Menschenleben zu retten. Dieses Gebot des »Pikuach Nefesch« hat allerhöchste Priorität. Viele Gelehrte haben entschieden, dass die Entnahme von Organen bei Verstorbenen im Sinne der Rettung eines anderen Lebens absolut gerechtfertigt ist und in solchen Fällen eine Leiche nicht unversehrt begraben werden muss.

Wann ist ein Mensch wirklich tot?
Bei der Bestimmung des Todeszeitpunktes ist auch aufgrund der heutigen medizinischen Möglichkeiten vor Organentnahme häufig die Hirntoddiagnostik ausschlaggebend, hingegen wird gemäß der jüdischen Auffassung die Beendigung der Herzfunktion als Todeszeichen angesehen. Insofern kann es religiös begründeten Widerspruch gegen eine Organentnahme bei Hirntoten geben. Ich denke, dass man den medizinischen Aspekt in den Vordergrund stellen muss. Es sollte aber insbesondere für religiöse Menschen die Möglichkeit bestehen, vor Organentnahme zusätzlich zu den Ärzten auch einen Rabbiner in die Entscheidung einzubeziehen, wann ein Mensch tot ist.

Haben Sie einen Organspendeausweis?

Ja, ich trage ihn bei mir.

Mit dem Vorsitzenden des Bundesverbandes Jüdischer Mediziner sprach Detlef David Kauschke.

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025

Berlin

Jüdisches Paar in U-Bahn geschlagen und beleidigt

Der Polizeiliche Staatsschutz hat die Ermittlungen übernommen

 15.09.2025

Interview

»Björn Höcke ist die prägendste Figur für die AfD-Ideologie«

Der Journalist Frederik Schindler hat ein Buch über Björn Höcke geschrieben. Wie wurde aus dem rechtsextremen Politiker das, was er heute ist?

von Nils Kottmann  15.09.2025

Eurovision

Israel hält nach Boykottaufrufen an ESC-Teilnahme fest

Israel will trotz Boykott-Drohungen mehrerer Länder am Eurovision Song Contest 2026 teilnehmen. Wie andere Länder und Veranstalter reagieren

 15.09.2025

Antisemitismusskandal

Bundespräsident trifft ausgeladenen Dirigenten Shani

Nach dem Eklat um eine Ausladung der Münchner Philharmoniker in Belgien hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den künftigen israelischen Chefdirigenten Lahav Shani ins Schloss Bellevue eingeladen

von Anne Mertens  15.09.2025

Berlin

Margot Friedländer Preis wird verliehen

Die mit insgesamt 25.000 Euro dotierte Auszeichnung gehe an Personen, die sich für Toleranz, Menschlichkeit, Freiheit und Demokratie einsetzen

 15.09.2025

Essen

Islamist plante Mord an Juden

Der 17-jährige Erjon S., ein kosovarischer Staatsangehöriger, soll aus einer islamistisch-jihadistischen Ideologie heraus gehandelt haben

 15.09.2025

München

Alte Synagoge feiert Wiedereröffnung

Nach jahrelanger Restauration soll die Bauhaus-Synagoge wieder im Glanz von 1931 erstrahlen

 15.09.2025

Madrid

Israelfeindliche Demonstranten blockieren Vuelta á España erneut

60 Kilometer vor dem Ziel steht eine Gruppe von Protestierern mit einem Banner auf der Straße. Das Rennen musste abgebrochen werden

 15.09.2025