Restitution

»Längst noch nicht am Ziel«

Rüdiger Mahlo Foto: Benyamin Reich

Herr Mahlo, bei der Rückgabe von NS-Raubkunst soll jetzt ein Schiedsgericht eingerichtet werden. Ist das der lange erhoffte Durchbruch?
Wir fordern weiterhin ein Restitutions­gesetz auf Bundesebene, damit die Opfer­familien auch Raubkunst in privaten Händen, zum Beispiel von Banken, Versicherungen und Stiftungen, zurückfordern können. Aber die Einigung, die jetzt gefunden wurde, zeigt in die richtige Richtung.

Wird es nun einfacher für NS-Opfer und ihre Erben, geraubte Kulturgüter in öffentlichem Besitz zurückzubekommen?
Das ist die Erwartung, die wir haben. Künftig kann die Opferseite das Schiedsgericht auch dann anrufen, wenn Museen sich verweigern. In der Vergangenheit haben Museen über Jahrzehnte Anliegen von Opfer­familien an sich abperlen lassen können. Das wird jetzt anders.

Was soll sich noch ändern?
Die Sprüche des Schiedsgerichts sollen verbindlich sein. Die Beratende Kommission spricht bislang nur Empfehlungen aus, an die sich die Streitparteien nicht unbedingt halten müssen. Sie hat in den 20 Jahren ihres Bestehens ja nur zwei Dutzend Fälle entschieden. Dabei sind in der deutschen Lost-Art-Datenbank rund 70.000 Verdachtsfälle registriert. Selbst wenn nur ein Bruchteil davon die Schiedsgerichte erreicht, ist das um ein Vielfaches mehr als bislang.

Werden jüdische Organisationen und Vertreter der Opfer ein Mitspracherecht bei der Besetzung der Schiedsgerichte haben?
Ja. Wir haben uns darauf verständigt, dass zunächst ein Pool aus 36 Schiedsrichtern gebildet wird, von denen je die Hälfte, also 18, von der Opferseite, also Claims Conference und Zentralrat der Juden in Deutschland, benannt wird und die andere Hälfte von staatlicher Seite.

Nach welchen Kriterien soll die Schiedsstelle entscheiden?
Es soll einen Bewertungsrahmen geben, der beispielsweise die Beweislast erleichtert oder die Eigentumsvermutungen festsetzt. Wir haben hier wesentliche Erleichterungen für die Opferseite festgeschrieben.

Wird das Verfahren denn rechtssicher sein?
Wir sind da längst noch nicht am Ziel. Die nun von Bund und Ländern beschlossene Schiedsordnung ist nur ein Teil eines großen Puzzles. Damit das Ganze funktioniert, müssen noch Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern geschlossen und die Aufhebung der Verjährung und Ersitzung vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden. Fehlt eines dieser Puzzle­stücke, fällt das gesamte Konstrukt in sich zusammen, und es käme zu einem völligen Stillstand in der Restitution. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in einigen Landesparlamenten ist diese Reform noch nicht in trockenen Tüchern.

Mit dem Repräsentanten der Jewish Claims Conference in Europa sprach
Michael Thaidigsmann.

Staatsbesuch

Kanzler Merz reist am nächsten Wochenende nach Israel

Das Datum steht: Bundeskanzler Merz reist in gut einer Woche zum Antrittsbesuch nach Israel. Der Gaza-Krieg hatte die Reise verzögert, durch die Waffenruhe wird sie jetzt möglich

 28.11.2025

Berlin

Anschlag auf israelische Botschaft geplant? Prozess beginnt

Ein mutmaßlicher IS-Unterstützer kommt vor Gericht. Der Prozess gegen den inzwischen 19-Jährigen beginnt am Montag

 28.11.2025

Brüssel

Weimer warnt vor Antisemitismus und Ausgrenzung beim ESC

Der Kulturstaatsminister will darüber mit seinen europäischen Kollegen sprechen

 28.11.2025

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

USA

Mehrheit der Juden blickt nach Mamdani-Sieg mit Sorge nach New York

Eine Umfrage zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, Mamdani sei sowohl antiisraelisch als auch antisemitisch

 28.11.2025

Berlin

Israel, der Krieg gegen die Hamas und die Völkermord-Legende

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellte im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025