Halle-Prozess

»Kevin geht nicht an sein Telefon«

In diesem Döner-Imbiss erschoss der Halle-Attentäter den 20-jährigen Kevin S. Foto: imago

Im Prozess gegen den Synagogen-Attentäter von Halle hat am Dienstag der Vater eines der beiden Todesopfer des Anschlags ausgesagt. Der Zeuge beschrieb seinen 20-jährigen Sohn als fleißig und höflich. Er sei stolz auf ihn gewesen, dass er trotz einer geistigen Behinderung einen Ausbildungsplatz bei einer Malerfirma gefunden hatte, sagte der 44-Jährige, der auch Nebenkläger in dem Verfahren ist, vor dem Oberlandesgericht Naumburg, das in Magdeburg verhandelt.

MITTAGSPAUSE »Er hat sich dort wohlgefühlt, wollte sogar immer länger arbeiten, weil es ihm Spaß gemacht hat«, so der Vater des Getöteten. Einen guten Freundeskreis habe sich Kevin S. aufgebaut und sei begeisterter Fußball-Fan gewesen.

Kurz bevor Kevin in der Mittagspause in den »Kiez-Döner«-Imbiss ging, hatte der Vater, der sich zu dem Zeitpunkt in Wuppertal aufhielt, noch mit ihm telefoniert. Er habe zu ihm gesagt: »Okay, hol dir einen Döner.«

Dann beschrieb der Mann im Gerichtssaal mit tränenerstickter Stimme, wie die von ihm getrennt lebende Mutter seines Sohnes ihn angerufen habe: »Kevin geht nicht an sein Telefon.« Auch er habe immer wieder versucht, seinen Sohn zu erreichen, 20 oder 30 Mal. Dann habe er auf Facebook eine Vermisstenanzeige geschaltet, bis ihm ein Bekannter schließlich das Tatvideo schickte. Auf dem Video, das der Attentäter live ins Internet streamte, sind beide Morde zu sehen. Kevin S. flehte um sein Leben, bevor er von dem Attentäter in dem Schnellimbiss unweit der Hallenser Synagoge erschossen wurde.

SCHIESSEREI Weil der 44-Jährige im Zeugenstand von Weinkrämpfen geschüttelt wurde, musste seine Vernehmung unterbrochen werden. Auch die anderen Nebenkläger weinten. Sowohl der Vater als auch ud die Mutter von Kevin S. mussten sich nach dem Mord an ihrem Sohn in Behandlung begeben. Der Angeklagte zeigte keine Regung, unternahm bei einem weiteren Zeugen, einem Überlebenden aus der Synagoge, aber wieder den Versuch, eine Frage zum Judentum zu stellen.

Ein 32-Jähriger, der am Tattag im Kiez-Döner arbeitete, sagte, er habe den Angreifer kommen sehen und auch den ersten Schuss auf die Fensterscheibe registriert. Da habe er sich geduckt und als er ein Flehen hörte, sei er aus dem Laden geflohen und habe seinen Bruder angerufen. Dieser war auf dem Weg in die Stadt und kam sofort zurück, obwohl ihn zwei Bauarbeiter auf dem Weg noch vor einer Schießerei und dem Attentäter warnten. Er sei in den Laden gerannt und habe die Leiche von Kevin S. entdeckt.

TIEFER EINSCHNITT Der 36-Jährige sagte, er habe keine Worte gefunden, diese Tat zu beschreiben. Die Aussage des Vaters von Kevin S. sei sehr schmerzhaft gewesen. Niemand habe das Recht, so eine Tat zu begehen, sagte der Betreiber des Imbisses, der ebenfalls Nebenkläger ist. Auch an seinem jüngeren Bruder habe er eine Veränderung bemerkt: Vor der Tat habe er jeden in der Familie zum Lachen gebracht, »jetzt fehlt das und es bringt mich um, das zu sehen«.

Der Angeklagte Stephan B. verübte am 9. Oktober 2019 aus einer antisemitischen und rassistischen Motivation heraus einen Anschlag auf die Synagoge in Halle. Weil es ihm nicht gelang, mit Sprengsätzen und Schusswaffen in das Gotteshaus zu gelangen, erschoss er zunächst eine 40 Jahre alte Passantin und dann in dem nahe gelegenen Kiez-Döner den 20-jährigen Kevin S.

Stephan B. ist wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiterer Straftaten angeklagt. epd

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025

Justiz

Gericht bestätigt Verbot der Parole »From the river to the sea«

Ein von der Stadt Bremen erlassenes Verbot sei rechtmäßig, entschied nun das Verwaltungsgericht Bremen

 07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 07.12.2025

Simi Valley

»Vorbildliche Verbündete«: Hegseth nennt Israel und Deutschland

Die Signale, die jüngst aus den USA in Richtung Europa drangen, waren alles andere als positiv. Der US-Verteidigungsminister findet nun allerdings nicht nur Lob für den jüdischen Staat, sondern auch für einige EU-Staaten

 07.12.2025

Soziale Medien

Musk nach Millionenstrafe gegen X: EU abschaffen

Beim Kurznachrichtendienst X fehlt es an Transparenz, befand die EU-Kommission - und verhängte eine Strafe gegen das Unternehmen von Elon Musk. Der reagiert auf seine Weise

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert

Diplomatie

»Dem Terror der Hamas endgültig die Grundlage entziehen«

Es ist eine seiner bisher wichtigsten Auslandsreisen, aber auch eine der schwierigsten. Kanzler Merz ist für zwei Tage im Nahen Osten unterwegs

 06.12.2025