Julia Klöckner

»Keine Form des Antisemitismus darf salonfähig werden«

Julia Klöckner (CDU), Bundestagspräsidentin, spricht erstmals in ihrem neuen Amt bei der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestags. Foto: picture alliance/dpa

Der neue Bundestag hat sich am Dienstag konstituiert und die CDU-Abgeordnete Julia Klöckner wie erwartet zu seiner Präsidentin gewählt. Sie habe »den festen Willen, die mir übertragene Aufgabe stets unparteiisch, unaufgeregt und auch unverzagt zu erfüllen«, sagte Klöckner in ihrer Antrittsrede vor dem Plenum und vielen hochrangigen Gästen. Sie wolle klar in der Sache und zugleich verbindend im Miteinander sein.

Die 630 Abgeordneten des neuen Bundestags, der 30 Tage nach der Wahl zum ersten Mal zusammenkam, forderte Klöckner zu Respekt im Umgang miteinander auf. »Kritisieren wir einander, aber reden wir uns nicht gegenseitig persönlich schlecht«, sagte sie. »Wir kommen nicht ins Stolpern, nur weil wir einen Schritt aufeinander zugehen.«

Wer Meinungsfreiheit und Vielfalt ernst nehme, müsse auch andere Sichtweisen ertragen und sie aushalten, meinte die CDU-Politikerin. Demokratie sei im besten Sinne auch eine Zumutung. Zugleich erklärte Klöckner, dass die künftige Arbeit des Bundestags von Kompromissen geleitet sein müsse. Diese gehörten zu einer Demokratie, und seien nicht nur die zweitbeste Lösung.

Vierte Frau im zweithöchsten Amt

Klöckner war zuvor mit einfacher Mehrheit gewählt worden. Sie erhielt 382 Ja-Stimmen, 204 Gegenstimmen und 31 Enthaltungen. Nach Annemarie Renger und Rita Süssmuth sowie ihrer unmittelbaren Amtsvorgängerin Bärbel Bas ist die frühere Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner die vierte Frau, die das zweithöchste Amt im Staat bekleidet.

In ihrer Rede rief sie auch dazu auf, die Demokratie mit ganzer Kraft zu verteidigen. Nötig seien Optimismus und Zuversicht. Zugleich warnte Klöckner vor Angriffen auf jüdisches Leben in Deutschland. Der Einsatz für jüdisches Leben und die Beziehung zwischen Deutschland und Israel werden ihr ein wichtiges Anliegen sein, so die neue Bundestagspräsidentin.

Bekenntnis zu Israel und jüdischem Leben in Deutschland

Im Rahmen ihrer Ansprache wandte Klöckner sich auch an den anwesenden Botschafter Israels Ron Prosor: »Ich freue mich besonders, dass Israels Botschafter Ron Prosor unser Gast ist. Wir erleben wieder vermehrt Angriffe auf jüdisches Leben. Nicht nur an den Rändern der Gesellschaft erstarken Kräfte, die den Nationalsozialismus verharmlosen. Auf der Straße, auf den Schulhöfen, an den Universitäten und im Internet sind rassistische und antisemitische Parolen zu hören. Keine Form des Antisemitismus darf salonfähig werden, keine ist tolerabel oder zu entschuldigen!»

Und weiter: »Am 12. Mai jährt sich zum 60. Mal die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel. Lieber Herr Botschafter, der Einsatz für jüdisches Leben in Deutschland und die Beziehung Deutschlands zum Staate Israel werden mir in meinem Amt ein sehr wichtiges Anliegen sein.«

AfD hat den Umgangston im Bundestag rüder gemacht

Trotz ihrer langen politischen Erfahrung - das neue Amt dürfte zu einer großen Herausforderung für Klöckner werden. Der Umgangston im Bundestag ist seit dem Einzug der AfD 2017 erheblich rüder geworden, wie alle anderen Fraktionen beklagen. Und im neuen Bundestag hat sich die Fraktionsstärke der AfD verdoppelt - was nicht für ruhigere Zeiten spricht. 

Deutlich wird das oft raue Klima zum Beispiel daran, dass die Zahl der an Abgeordnete erteilten Ordnungsrufe in der nun beendeten 20. Wahlperiode nach Angaben der Bundestagsverwaltung auf 134 emporschnellte - in der 19. Wahlperiode waren es nur 49 gewesen. Allein 85 dieser Ordnungsrufe kassierten Mitglieder der AfD-Fraktion. 

Die scheidende Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) kritisierte, dass manche Abgeordnete Ordnungsrufe wie Trophäen sammelten und im Internet vorführten. dpa/kna/ja

Einwurf

Warum Heine hilft

Wer die Bilder der ausgemergelten Geiseln Rom Braslavski und Evjatar David kaum ertragen kann, findet Trost in Heinrich Heines Gedichten. Seine Verse sind auch heute so wahrhaftig wie vor 200 Jahren

von Maria Ossowski  04.08.2025

Leipzig

Eltern nennen ihren neugeborenen Sohn Yahya Sinwar

In der Uniklinik Leipzig suchten Eltern einen problematischen Namen für ihr Neugeborenes aus. Eine kleine Recherche zeigt: Yahya ist kein Einzelfall

von Imanuel Marcus  04.08.2025 Aktualisiert

Meinung

Die Folgen wären fatal - auch für uns

Warum der Ausschluss Israels aus »Horizon Europe« ein Fehler wäre und Deutschland mit Nein stimmen sollte

von Carsten Ovens  04.08.2025

Berlin

Deportationsmahnmal in Moabit beschädigt

Polizeibeamte entdecken auf der Putlitzbrücke Farbspritzer und Paketklebeband am Mahnmal

 04.08.2025

Berlin

CDU-Politiker Kiesewetter kritisiert deutsche Nahost-Politik

Kanzler Merz und Außenminister Wadephul (beide CDU) prägen die Nahost-Politik der Bundesregierung. Deutliche Kritik daran kommt aus den eigenen Reihen

 04.08.2025

Interview

»Als deutscher Außenminister muss ich Israel aus der Isolation helfen«

Bundesaußenminister Johann Wadephul war gerade zum zweiten Mal in drei Monaten in Israel. Im Interview spricht er über die Gründe des Besuchs, seine zunehmende Missbilligung des israelischen Vorgehens in Gaza sowie die Kritik, die es seit seinem Amtsantritt an ihm gegeben hat

von Joshua Schultheis  03.08.2025

Friedrich Merz

»Ich bin entsetzt über die Bilder von Evyatar David und Rom Braslavski«

Der Bundeskanzler fordert die Freilassung aller Geiseln als Voraussetzung für eine Waffenruhe

 03.08.2025

Armin Laschet

»Warum sind die Bilder der geschundenen Deutschen nicht täglich in den deutschen Medien?«

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses fordert von der deutschen Staatsspitze mehr Einsatz für die deutschen Geiseln

 03.08.2025

Deutschland

Innenministerium prüft Aufnahme von Kindern aus Israel und Gaza

Hannover und Düsseldorf wollen schutzbedürftige und traumatisierte Kinder aus Israel und dem Gazastreifen aufnehmen. Doch für das Vorhaben gibt es Hürden

 03.08.2025