Erinnerung

Kampf gegen übermächtige Gegner

Foto: dpa

Er war die größte einzelne bewaffnete Erhebung gegen die deutsche Wehrmacht im besetzten Europa während des Zweiten Weltkriegs.

Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand der polnischen Heimatarmee gegen die deutschen Besatzer. An der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag wird auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnehmen. Als erster Bundespräsident seit 1994 will er beim Staatsakt am 31. Juli eine Rede halten.

Bei ihrer Sommeroffensive 1944 war die Rote Armee bis vor die Tore Warschaus gerückt. Das war der Anlass für die rund 40.000 Soldaten der Heimatarmee unter Führung von General Tadeusz Komorowski, die Hauptstadt aus eigener Kraft zu befreien und damit das Symbol eines starken und unabhängigen Polen zu schaffen.

Ein heroischer Kampf gegen einen (noch) übermächtigen Gegner: Am 2. Oktober 1944 mussten die polnischen Verbände die Waffen strecken. Rund 200.000 Polen, darunter rund 18.000 Widerstandskämpfer, hatten ihr Leben verloren. 60.000 Menschen wurden von den deutschen Besatzern in Konzentrationslager deportiert und Zehntausende Warschauer zwangsevakuiert. Systematisch zerstörten die Deutschen anschließend einen Großteil der nahezu menschenleeren Hauptstadt. Warschau lag in Schutt und Asche.

Warschau in Schutt und Asche

Seit der Niederlage von 1939 hatten sich Polen im Exil auf die Zeit nach der Nazi-Herrschaft vorbereitet - mit allerdings zwei konkurrierenden Ausrichtungen: Nach dem deutschen Blitzsieg gelang rund 85.000 polnischen Soldaten sowie einer größeren Zahl von Politikern die Flucht. Sie sammelten sich zunächst in Frankreich, wo unter der Führung von General Wladyslaw Sikorski schon am 30. September 1939 eine Exilregierung gebildet wurde.

Nach der Niederlage Frankreichs 1940 formierte sich der polnische Widerstand in London neu. Das Erste Polnische Korps kämpfte von da an unter britischem Befehl. Die Londoner Exilregierung steuerte auch die Operationen der in Polen agierenden Heimatarmee, die 1943 und 1944 etwa 350.000 Kämpfer unter Waffen hatte. Zum Widerstand gehörte auch ein Netz von Untergrundeinrichtungen wie Schulen, Universitäten und Zeitungen in Polen.

Währenddessen setzte Stalin ganz auf die polnischen Kommunisten. Zwei polnische Armeen wurden in der Sowjetunion aufgestellt. 1944 gründete sich das Lubliner Komitee, das von den Sowjets mit linientreuen Anhängern als provisorische Regierung installiert wurde.

Linientreue Kommunisten

Während die aus London geführte Heimatarmee am 1. August 1944 den Aufstand begann, stoppte die Rote Armee an der Weichsel alle Operationen und schaute ungerührt zu, was sich am anderen Flussufer tat. Schon die NS-Propaganda unterstellte dem Diktator, dass er die Polen ins offene Messer habe laufen lassen wollen.

Fest steht, dass Stalin kein Interesse an einem Sieg der Heimatarmee hatte, die eine vermutlich antikommunistische Regierung etabliert hätte. Er verwehrte sogar alliierten Flugzeugen, die humanitäre Hilfe und Waffen bringen wollten, die Landung auf den stadtnahen sowjetischen Feldflugplätzen.

Nach erbitterten Häuserkämpfen brachten die polnischen Verbände zunächst große Teile Warschaus unter ihre Kontrolle. Doch nach und nach gewannen die Deutschen mit äußerster Brutalität die Oberhand. Vor allem SS- und Polizeieinheiten verübten zahllose Massaker. SS-Chef Heinrich Himmler gab den Befehl, sämtliche Einwohner Warschaus - egal ob Kind, Frau, Greis oder Kämpfer - zu töten und die Stadt dem Erdboden gleich zu machen.

Noch heute prägt der Aufstand das polnische Selbstverständnis wesentlich mit - als Mythos und als Ereignis, das stark polarisiert. Einerseits wird der Heroismus der Aufständischen gefeiert. Gleichzeitig drängt sich die Frage auf, ob der Kampf angesichts der vielen Opfer, der zerstörten Stadt und der absehbaren Niederlage der Wehrmacht richtig war.

Schon damals »lehnten gar nicht so wenige den Aufstand ab und hielten ihn schlicht für ein Selbstmordkommando«, schreibt der Berliner Historiker Stephan Lehnstaedt in einem kürzlich erschienenen Buch zum Warschauer Aufstand.

Bundestagswahl

Yad-Vashem-Leiter: Regierungsbeteiligung der AfD wäre Schande für Deutschland

Das beste Mittel gegen die AfD sei Bildung

 24.01.2025

Essay

Jede einzelne Geisel, die nach Hause zurückkehrt, steht für unser aller Überleben

Das Versprechen »Sicherheit« konnte Israel am 7. Oktober nicht halten. Umso wichtiger ist nun das Versprechen »Nie wieder wehrlos«

von Esther Schapira  24.01.2025

USA

Nach Hitlergruß-ähnlicher Geste: Musk legt mit Nazi-Wortspiel noch mal nach

Die Menschenrechtsorganisation Anti-Defamation League reagiert mit klaren Worten

 23.01.2025

Auschwitz-Gedenken

Kanzler Scholz: Ausgrenzung von Juden heute ist empörend und beschämend

Vor 80 Jahren wurden das KZ Auschwitz befreit. Bundeskanzler Scholz nutzt den Anlass, Antisemitismus zu verurteilen. Jeder einzelne sei aufgefordert, gegen judenfeindliche Handlungen anzugehen

von Birgit Wilke  23.01.2025

Meinung

Kennen Sie Abed Hassan?

Medien feiern den Berliner als »deutsche Stimme aus Gaza«, dass er den Terror der Hamas verharmlost, scheint sie nicht zu stören

von Susanne Stephan  23.01.2025 Aktualisiert

Washington D.C.

Trump-Gesandter sieht Nahen Osten am »Wendepunkt«

Der Nahost-Gesandte des neuen Präsidenten betrachtet die Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas als »unglaubliche Chance für die Region« und finanziellen Profit. Wird ein historisches Abkommen nun erweitert?

 23.01.2025

Berlin

Klein: Migranten müssen unser Verhältnis zu Israel begreifen

Der Bundesbeauftragte für den Kampf gegen Antisemitismus spricht über Erinnerungskultur in der Migrationsgesellschaft und den Krieg in Gaza

 23.01.2025

Umfrage

Jeder zehnte junge Erwachsene hat den Begriff Holocaust noch nie gehört

80 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz wird die Aufklärung über die Schoa noch komplizierter. Eine Umfrage der Jewish Claims Conference zeigt Wissenslücken und eine große Sorge

 23.01.2025

Berlin

Weidel, Wagenknecht und ihr Hitler-Streit im TV 

BSW-Chefin Wagenknecht und AfD-Chefin Weidel treffen erneut im Fernsehstudio aufeinander – und schenken sich dieses Mal nichts. Es wird dabei ziemlich persönlich

von Jörg Ratzsch  22.01.2025