Konferenz «Der 7. Oktober»

Jüdische Fundamentalisten wollen wieder in Gaza siedeln

Journalist und Buchautor Richard C. Schneider Foto: Marina Maisel

Die Siedlerbewegung in Israel will nach den Worten des langjährigen Israel-Korrespondenten der ARD, Richard C. Schneider wieder in Gaza siedeln.

Die Räumung der jüdischen Siedlungen im Gaza-Streifen 2005 sei für die religiös motivierte Siedlerbewegung traumatisch gewesen, erklärte der Filmemacher und Autor auf der Konferenz »Der 7. Oktober« des Zentralrats der Juden in Deutschland in Frankfurt am Main am Freitag. Die jüdischen Fundamentalisten strebten die Besiedlung ganz Palästinas als »Land Israel« an, um der erhofften Wiederkehr des Messias den Weg zu bereiten. Nun sähen sie im gegenwärtigen Krieg gegen die Hamas die Gelegenheit, den »Fehler« der Räumung von Gaza rückgängig zu machen.

Die religiöse Ideologie der Siedler spiele heutzutage eine wichtige Rolle in Israel, erklärte Schneider. Nach dieser sei »das Land von entscheidender Bedeutung zur Erlösung«. Das Konzept des messianischen Judentums sei ein völlig anderes als das Konzept des Zionismus von Theodor Herzl, dem es um politische Unabhängigkeit der Juden und damit um Freiheit gegangen sei. Heute habe sich in Israel das religiöse Konzept von Freiheit als Erlösung durchgesetzt. Die Siedler hätten ihren »Marsch durch die Institutionen« gemacht und stellten Koalitionspartner in der derzeitigen Regierung. Ihr Denken bestehe darin: »Wenn das ganze Land gewonnen wird, kommt der Messias, und alles wird gut.«

Israelis hofften, dass die Netanjahu-Koalition nach dem Krieg in Gaza am Ende sei

Viele Israelis hofften, dass die Regierungskoalition von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach Beendigung des Krieges in Gaza am Ende sei, sagte Schneider. Aber dann gebe es die Ideologie der Siedler weiterhin. Diese wollten keine Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern. »Ich sehe noch lange nicht, wie ein israelischer Premier die Siedlungen auflösen könnte, selbst wenn er wollte, ohne ein Blutbad auszulösen«, sagte der Journalist. »Und wenn jetzt Gaza nicht wiederbesiedelt wird, wird die Aggression der Fundamentalisten wachsen.« Der säkulare Teil Israels werde es sehr schwer haben. Die Juden in anderen Ländern müssten ihren Einfluss für die säkulare Demokratie in Israel geltend machen.

Die jüdischen Fundamentalisten unterschieden sich jedoch stark von den islamischen Fundamentalisten der Hamas, erklärte Schneider. Die Siedler übten zwar Gewalt gegen Palästinenser aus, um sie zu vertreiben, sie verübten aber keine Massaker an Frauen und Kindern.

Die Hamas als palästinensischer Ableger der Muslimbruderschaft hingegen wolle die Juden vernichten. Die Muslimbruderschaft habe den »eliminatorischen Antisemitismus« der Nazis übernommen, dass die Juden das Böse schlechthin seien und vernichtet werden müssten, um die Welt zu erlösen. Ein solches Denken gebe es umgekehrt in der jüdischen Siedlerbewegung nicht. epd

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025