Interview

»Ich weiß nicht, was noch kommt«

Herr Wolff, was bedeutet der Tod des Sonderstaatsanwalts im AMIA-Prozess, Alberto Nisman, für die jüdische Gemeinde Argentiniens?
Für uns ist es ein unersetzlicher Verlust. Auch wenn die jüdische Gemeinschaft sehr heterogen ist, weiß ich, dass viele Angst, Unsicherheit, Wut und tiefe Trauer verspüren. Für mich persönlich markiert der 18. Januar ein Vorher und ein Nachher. Aber der Tod von Alberto Nisman und das Entsetzen darüber gehen über die jüdische Gemeinschaft hinaus. Das ist eine nationale Angelegenheit, denn sein Tod offenbart eine ganze Reihe von Problemen, die wir in Argentinien haben: die Ungerechtigkeit, die Korruption, die Einflussnahme und die Vorteilsgewährung, das Ausnutzen der Geheimdienste durch die jeweilige Regierung.

Wie bewerten Sie die Arbeit der Justiz bei den Ermittlungen der Todesumstände?
Der Anfang der Ermittlungen war vor allem von Unfähigkeit geprägt. Das hat Tür und Tor dafür geöffnet, sodass jeder glauben kann, was ihm gerade passt oder für ihn günstig ist. Aber die Justiz sollte keine Frage des Glaubens sein.

Besteht eine Chance, dass die Todesumstände jemals wirklich aufgeklärt werden?
Davon bin ich nicht überzeugt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir jemals erfahren werden, was wirklich geschah. Argentinien ist wie die Büchse der Pandora – voller Überraschungen. Niemand kann vorhersagen, was noch alles passieren wird.

Alberto Nisman wurde häufig dafür kritisiert, dass seine langjährigen Ermittlungen nicht zu greifbaren Ergebnissen geführt haben. Wie lautet Ihre Bilanz?
Alberto Nisman hat vor acht Jahren bei null angefangen. Er hatte unsere ganze Unterstützung, und er hat die internationalen Haftbefehle gegen die Iraner erwirkt. Die Kritik an seiner Arbeit war und ist durchgehend politisch motiviert. Juristisch hat sie keinerlei Bedeutung. Die korrekte Vorgehensweise wäre gewesen, eine Anzeige gegen den Staatsanwalt wegen Nichterfüllung seiner öffentlichen Pflichten zu erstatten. Das hat niemand getan.

Wie geht es nach Nismans Tod mit der Aufklärung des Anschlags auf die Zentrale der Wohlfahrtsorganisation AMIA im Jahr 1994 weiter?
Hier müssen wir abwarten, was passiert. Es gibt noch keinen neuen Staatsanwalt. Zudem darf nicht vergessen werden, dass die Ermittlungsakten inzwischen 200.000 Seiten umfassen. Das wird einige Zeit dauern, bis sich da jemand richtig eingearbeitet hat.

Außenminister Héctor Timerman ist Mitglied der AMIA. Einige führende AMIA-Mitglieder fordern, ihm die Mitgliedschaft zu entziehen. Was halten Sie davon?

Ich kann nicht für die AMIA sprechen, da ich die DAIA vertrete. Aber ich weiß, dass die Statuten der argentinischen Wohlfahrtsorganisation AMIA eine solche Forderung zulassen und es dafür einen Verfahrensweg gibt, und dass die betroffene Person sich verteidigen kann.

Mit dem Vizepräsidenten der jüdischen Dachorganisation Argentiniens (DAIA) sprach Jürgen Vogt.

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Gastbeitrag

Kein Ende in Sicht

Der Antisemitismus ist in den vergangenen zwei Jahren eskaliert. Wer jetzt glaubt, dass es eine Rückkehr zum Status vor dem 7. Oktober 2023 gibt, macht es sich zu leicht. Denn auch vor dem »Schwarzen Schabbat« trat der Antisemitismus zunehmend gewaltvoller und offener zutage

von Katrin Göring-Eckardt, Marlene Schönberger, Omid Nouripour  13.11.2025

Israel

Altkanzlerin Merkel besucht Orte der Massaker

Angela Merkel besuchte den Ort des Nova-Festivals und den Kibbuz Nahal Oz

 13.11.2025

Schleswig-Holstein

Polizei nimmt weiteren Hamas-Terroristen fest

Mahmoud Z. soll ein Sturmgewehr, acht Pistolen und mehr als 600 Schuss Munition für Anschläge gegen jüdische und israelische Einrichtungen organisiert haben

 13.11.2025

Berlin

Israelfeindliche Aktivisten klettern auf Brandenburger Tor

Oben angelangt entrollten sie ein Banner, auf dem sie Israel Völkermord vorwarfen

 13.11.2025

Diplomatie

Israel drängt Merz auf Ende des Teilwaffenembargos

Der Bundeskanzler hatte am 8. August angeordnet, keine Güter auszuführen, die im Krieg gegen die Hamas verwendet werden könnten

 13.11.2025