Echo

»Ich bin sehr enttäuscht«

Ben Salomo Foto: Stephan Pramme

Echo

»Ich bin sehr enttäuscht«

Ben Salomo über die Auszeichnung für antisemitischen Rap und warum er sich in Deutschland nicht mehr wohlfühlt

von Martin Krauss  17.04.2018 10:21 Uhr

Ben Salomo, die Rapper Kollegah und Farid Bang haben den »Echo« bekommen. Ist Judenhass preiswürdig?
Das sollte in einem geläuterten Deutschland nach dem Holocaust gar nicht erst im Raum stehen. Und wenn die Veranstalter schon so etwas haben wie einen Ethikrat, dann muss der ihnen auch sagen, dass es Dinge gibt, die nicht geehrt werden dürfen.

Im Battle-Rap soll alles erlaubt sein. Warum nicht die Zeile über »Auschwitzinsassen«?
Die Debatte um diese Punchline ist viel zu verkürzt, um diese eine Zeile geht es nicht. Beleidigungen und Provokationen sind im Battle-Rap seit jeher natürlicher Bestandteil: aber gegen einen realen Gegner, den man sich aussucht und der auch antworten kann.

Ein Schoa-Überlebender gehört nicht dazu.
Je mehr man sich mit Kollegahs Veröffentlichungen auseinandersetzt, desto deutlicher erkennbar wird seine Obsession. Kollegah beleidigt einen imaginierten Gegner, einen, der nicht da ist. Einer wie Kollegah weiß, wie er Schlagzeilen produziert. Und: Es geht wirklich nicht nur um diese eine Line zu Auschwitz. Die könnte man vielleicht noch als »geschmacklos« abtun. Es geht vielmehr um die Menge, die ständige Wiederholung und, trotz Kritik, um den ausbleibenden Lerneffekt. Etwa um sein Video, wo ein Helfer des Satans auftritt, der einen Ring mit einem Davidstern trägt. Das erreicht Millionen Menschen, das ist großflächige manipulative Propaganda. Es ist vergleichbar mit Propagandafilmen aus dem Dritten Reich.

Kommt Kollegah zu gut weg, wenn man nur über die eine Zeile diskutiert?
In der Hip-Hop-Szene kennt man Kollegah und sein gesamtes Machwerk, doch leider geht man dort allgemein viel zu unkritisch mit Antisemitismus um. Außerhalb der Szene fällt er immer wieder gerne mit kalkulierten Sprüchen und Aktionen auf, die nur einen oberflächlichen Eindruck vermitteln. Blickt man dann aber etwas tiefer, sind die Antisemitismusvorwürfe gegen ihn nicht aus der Luft gegriffen.

Haben Sie noch Lust auf diese Szene?
So wie sie sich in den letzten Jahren entwickelt hat, absolut nicht.

Ist Judenhass im Hip-Hop neu?
Nein. Meine ersten Erfahrungen damit hatte ich Anfang der 2000er-Jahre. Ich habe mich sehr bemüht, dagegen anzugehen. Aber das ist ein Kampf gegen Windmühlen. Auch außerhalb dieser Szene. Das hat schon in der Schule in den 90ern angefangen. Ich fühle mich oft nicht mehr wohl in Deutschland. Wenn etwa der frühere Außenminister Gabriel Israel einen »Apartheidstaat« nennt, also das BDS-Narrativ eins zu eins übernimmt, ist das Benzin ins lodernde Feuer.

Sie sind frustriert?
Enttäuscht. Ich bin sehr enttäuscht. In diesem Land wird gerne der toten Juden gedacht, aber um die lebenden Juden – ob in Israel oder in Deutschland oder wo auch immer – kümmert man sich nicht wirklich.

Mit dem Rapper sprach Martin Krauß.

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 09.12.2025 Aktualisiert

Israel

Berichte: Netanjahu traf Blair heimlich zu Gaza-Zukunft

Bei einem Treffen zwischen Netanjahu und Blair soll es um Pläne für die Zukunft des Gazastreifens gegangen sein. Für Blair ist eine Rolle in Trumps »Friedensrat« vorgesehen

 07.12.2025