Bürgerdialog in Lübeck

»Ich bin nicht mit Ihnen einverstanden«

Olaf Scholz stellte sich am Montag in Lübeck den Fragen von Bürgern Foto: picture alliance/dpa

Beim Auftakt seiner Bürgerdialogreihe in allen 16 Bundesländern hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz klar gegen eine besondere Kennzeichnung von Waren aus Israel und israelischen Siedlungen ausgesprochen.

Scholz stellte sich am Montag im Lübecker »Strandsalon« 90 Minuten lang den Fragen von Bürgern. Unter ihnen war auch eine Aktivistin vom Lübecker Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern. Sie wollte wissen, was die Bundesregierung zu unternehmen gedenke für den Frieden in Nahost allgemein und gegen eine angebliche Vertreibung von 1000 Menschen durch das israelische Militär.

SIEDLUNGSBAU Wie fast immer bei solchen Runden bedankte Scholz sich höflich für die Fragen. Deutschland, sagte er, werbe wie viele andere Staaten auch dafür, »dass dort zwei Staaten friedlich nebeneinander leben können und dass alle eine gute Perspektive bekommen«. Die Wirklichkeit vor Ort sei aber momentan nicht so, wie man sich das wünsche.

Seine Bundesregierung äußere sich auch »zu den Dingen, wo wir nicht einverstanden sind«, so Scholz weiter. Konkret nannte er den »Siedlungsbau außerhalb des israelischen Staates«. »Das ist etwas, was nicht dazugehört, und das wird von allen, die etwas zu sagen haben, auch entsprechend kommentiert«.

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Gleichzeitig gelte für Deutschland aber auch, »dass wir natürlich auch eine ganz besondere Pflicht gegenüber dem Staate Israel haben, dass wir die Sicherheit dieses Landes auch gewährleisten müssen, weil es natürlich bedroht ist von vielen Nachbarn, die bereits sind, das Land anzugreifen.« Teil der »bitteren Realität« sei es, dass es viele Terroranschläge und »immer wieder Angriffe mit Waffen auf den Staat Israel und auf Bürgerinnen und Bürger gibt.« Israel habe deswegen antiballistische Systeme entwickelt, die Deutschland noch gar nicht habe, so Scholz weiter.

VERSTÄNDIGUNG Man müsse immer das Gesamtbild im Blick haben. »Wir sind sehr für einen friedlichen Ausgleich. Allerdings wird er am Ende [nur] zustande kommen, weil sich die Bürgerinnen und Bürger Israels und Palästinas verständigen auf eine Zweistaatenlösung«, betonte der SPD-Politiker.

Die Fragestellerin stellte der Kanzler mit seinen Antworten erwartungsgemäß nicht zufrieden. »Ich bin seit Jahrzehnten nicht zufrieden mit den Antworten, egal, von welchen Bundesregierungen«, rief sie. Palästina werde immer kleiner, Israel immer größer – und warum die Bundesregierung denn das Urteil des Europäischen Gerichtshofes nicht umsetze, welches eine besondere Kennzeichnung von Waren aus israelischen Siedlungen vorschreibe.

Der Kanzler hielt dagegen: »Ich bin mit Ihnen nicht einverstanden, das will ich ausdrücklich sagen«, erwiderte er auf die Nachfrage der Fragestellerin. Er sei gegen die Idee besonderer Kennzeichnungen, und er »glaube nicht, dass Boykotte hier weiterführen. Wir müssen darauf setzen, dass es am Ende eine Verständigung gibt zwischen denjenigen, die vor Ort leben.« Das sei zwar »sehr mühselig«, sich dafür einzusetzen, so der Bundeskanzler. Aber gerade deswegen müsse man »klare Prinzipien« haben.

URTEIL Das oberste Gericht der Europäischen Union hatte 2019 entschieden, dass Erzeugnisse aus Siedlungen im Westjordanland sowie von den Golanhöhen in der EU nicht unter der Bezeichnung »Produkt aus Israel« vermarktet werden dürfen. Allerdings ist ihre Einfuhr grundsätzlich erlaubt.

Laut der seit Langem von der EU vertretenen Rechtsauffassung sind die seit 1967 von Israel besetzten Gebiete nicht Teil des israelischen Staatsgebietes. Daher sei die Kennzeichnung von Einfuhren aus diesen Gebieten »zwingend erforderlich«, entschied der EuGH, um Verbrauchern die Kaufentscheidung »zu erleichtern«. Vor dem Urteil bestand nur eine Empfehlung an die EU-Mitgliedsstaaten, eine besondere Kennzeichnung vorzunehmen, seit 2019 ist diese aber bereits verpflichtend.

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