Porträt

»Ich bin in meinem Herzen Zionist«

»Don’t!«: US-Präsident Joe Biden Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Als Joe Biden vor acht Jahren mit seiner Enkelin Dachau besuchte, hatte er das Gefühl, das ehemalige Konzentrationslager sei anders als früher. »Es schien, als ob die Dinge neu arrangiert worden seien, damit die Besucher sich weniger unwohl fühlten«, schrieb der heutige US-Präsident in seinen kurz danach veröffentlichten Memoiren. Biden wollte keine Milderung der Schrecken: Er bat darum, auch zu einer Gaskammer geführt zu werden.

Die grausamen Hamas-Terrorangriffe auf Israel lassen für Biden den Horror der Judenverfolgung der Nazi-Zeit erneut hervorbrechen. So viele ermordete jüdische Männer, Frauen und Kinder an einem einzigen Tag gab es seit dem Holocaust nicht mehr.

Das Blutvergießen reiße »die Narben, die ein Jahrtausend Antisemitismus und Völkermord am jüdischen Volk hinterlassen haben«, wieder auf, sagte der amerikanische Präsident in einer von Erschütterung gezeichneten Ansprache aus dem Weißen Haus in dieser Woche.

Biden wurde geboren, als der Holocaust noch in vollem Gange war. In seiner Kindheit wurde der Staat Israel aus der Taufe gehoben als Heimat des jüdischen Volkes. Seitdem erlebte Biden auch während seiner politischen Karriere immer wieder, wie der jüdische Staat unter Druck geriet und angegriffen wurde, bis hin zu Drohungen seiner kompletten Auslöschung.

»Er ist ein Politiker einer Generation, die es so wohl nicht mehr gibt«, lautet die Einschätzung des Nahost-Experten und Politikberaters Aaron David Miller zu Biden und dessen Verbindung zu Israel. In all der Zeit demonstrierte Biden immer wieder seine Unterstützung für den jüdischen Staat. »Ich bin in meinem Herzen ein Zionist«, sagte er einmal bei einer politischen Anhörung, bei der es um Antisemitismus ging.

»Gäbe es kein Israel, wäre letztlich kein Jude auf der Welt mehr sicher«, bekräftigte Biden auch jetzt seine Überzeugung. »Es ist die einzige ultimative Garantie«, erklärte er am Mittwoch bei einem Treffen mit jüdischen Vertretern im Weißen Haus.

Der Präsident habe mit »moralischer Klarheit« gesprochen, würdigte Amy Spitalnick vom jüdischen Verband JCPA die Worte Bidens. Es sei deutlich geworden, dass er im Innersten mitfühle, erklärte sie - »dass er es in seinen Kishkes spürt, wie meine Großmutter gesagt hätte«.

In seiner langen politischen Karriere als Senator, als Vizepräsident und Präsident kam Biden mit allen israelischen Regierungen der vergangenen 50 Jahre zusammen. Die erste Begegnung war mit Ministerpräsidentin Golda Meir 1973. Es war Bidens erste Reise nach Israel nach seiner Wahl zum Senator.

Meir habe seine Sorge um die Zukunft des Landes gespürt, sagte Biden danach. Als sie nach einem Gespräch für ein Foto posierten, habe Meir ihm zugeflüstert, Israel setze auf eine »Geheimwaffe« zu seinem Schutz. »Wir können nirgendwo anders hin«, habe die Ministerpräsidentin ergänzt.

Als neue Nation stand Israel mit dem Rücken zur Wand, umgeben von feindlich gesinnten arabischen Nachbarn. Nur wenige Wochen später führten einige davon Krieg gegen Israel – den Jom-Kippur-Krieg im Oktober 1973.

In dem Treffen mit Meir kam aber auch ein Thema zur Sprache, das den Nahost-Konflikt seit jeher mitbestimmt: die Besetzung palästinensischer Gebiete. Nach einem Dokument zu dem Gespräch, über das der israelische Sender 13 vor einigen Jahren berichtete, drang Biden darauf, dass Israel mit der Rückgabe von Gebieten beginnen sollte, die es im Sechstagekrieg 1967 besetzt hatte.

Ein großer Teil davon ist noch immer unter israelischer Kontrolle. Und bei einem Besuch im vergangenen Jahr im Westjordanland räumte Biden ein, dass er hier wenig Chancen auf unmittelbare Fortschritte im Friedensprozess sehe. Auch andere politische Entscheidungen Israels hat Biden kritisiert, so zuletzt die geplante Justizreform in Israel.

Der Besuch im vergangenen Jahr führte Biden auch nach Jerusalem – und zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem im Westen der Stadt. Dort habe er den Schwur erneuern können, dass solche Gräuel nie wieder geschehen dürften, sagte der Präsident.

Nach dem Hamas-Massaker haben die USA nun begonnen, Munition und militärische Ausrüstung nach Israel zu liefern. Im östlichen Mittelmeer wurde ein Flugzeugträger stationiert, um Präsenz zu zeigen und eine Ausweitung der Kämpfe zu verhindern.

»Wir werden dafür sorgen, dass der jüdische und demokratische Staat Israel sich heute und morgen verteidigen kann, so wie wir es immer getan haben«, sagte Biden.

Berlin

Merz verspricht Schutz jüdischen Lebens in Deutschland

Bei der diesjährigen Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz im Jüdischen Museum Berlin an Amy Gutmann und David Zajfman gab Bundeskanzler Friedrich Merz ein klares Versprechen ab

 16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025

Terror

Mutmaßliches Hamas-Mitglied in U-Haft

Der Mann soll Waffen für Anschläge auf jüdische und israelische Ziele transportiert haben

 14.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025