Berlin

Hunderte Gewalttaten bei »propalästinensischen« Demos

Ein Polizist wurde schwer verletzt, als Teilnehmer einer Demo auf ihm herumtrampelten. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

674 sogenannte »propalästinensische« Demonstrationen und dabei Hunderte Gewaltvorfälle hat die Berliner Polizei seit Oktober 2023 und dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel gezählt. Weitere 24 Demonstrationen seien verboten worden, antworteten Senat und Polizei auf eine Anfrage der SPD.

Die Zahl der registrierten Gewaltdelikte bei diesen Demonstrationen lag laut Polizei bis Ende Mai bei 714, fast 600 davon im vergangenen Jahr. Der größte Teil dieser Straftaten (627) richtete sich demnach gegen Polizisten. So wurde bei einer israelfeindlichen Kundgebung am 15. Mai ein Beamter in die Menge gezogen. Dann trampelten Aktivisten auf dem Mann herum. Er musste schwer verletzt in ein Krankenhaus gebracht werden.

Lesen Sie auch

In der entsprechenden Statistik fallen darunter nicht nur Angriffe auf Polizisten, sondern auch Widerstand bei Kontrollen und Festnahmen. Dazu kamen 615 Propagandadelikte und Volksverhetzungen, die bei den Demonstrationen erfasst wurden. So forderten Demonstranten etwa immer wieder eine Intifada gegen Israel oder riefen »From the river to the sea, Palestine will be free«, laut Bundesinnenministerium ein Kennzeichen der Terrororganisation Hamas.

Die Senatsinnenverwaltung stellte fest, die Mehrheit der Demonstranten sei friedlich. Ein bestimmter Kreis von Teilnehmern begehe aber öffentlichkeitswirksame Straftaten, so dass friedliche Kundgebungen in den Hintergrund treten würden und «propalästinensische Versammlungen zunehmend von einer aggressiven und hoch emotionalisierten Grundstimmung geprägt sind».

Verantwortlich dafür sei ein Kern von Demonstranten aus verschiedenen extremistischen Bereichen mit Bezug zum Ausland, zum Islamismus und zum Linksextremismus mit antiisraelischen Einstellungen. So lauerten israelfeindliche Aktivisten im vergangenen Sommer dem »Bild«-Reporter Iman Sefati vor dessen Wohnung auf und bedrohten ihn mit einem Messer. Für Schlagzeilen sorgten auch wiederholte Besetzungen von Lehrsälen an Berliner Universitäten, bei denen israelfeindliche Aktivisten schwere Schäden anrichteten und terror-verherrlichende Parolen sprühten.

Der SPD-Abgeordnete Alexander Freier-Winterwerb teilte mit: «Für viele Jüdinnen und Juden in Berlin ist es mittlerweile lebensgefährlich geworden, sich im öffentlichen Raum als jüdisch zu erkennen zu geben – sei es durch eine Kippa, einen Davidstern oder durch hebräische Sprache.»

Der Berliner Rechtsstaat müsse mit aller Entschlossenheit handeln – mit präventiven, aber auch repressiven Maßnahmen. «Wir dürfen keine Toleranz gegenüber der Intoleranz üben. (...) Unsere Straßen gehören nicht dem Hass.» Nötig sei eine ressortübergreifende Strategie gegen die antisemitische Radikalisierung im öffentlichen Raum. dpa/ja

Meinung

Juden und die Bundeswehr: Zwischen den Fronten

Eine jüdische Perspektive auf den Wehrdienst in Deutschland kann nicht losgelöst von der Geschichte betrachtet werden

von Ron Dekel  19.09.2025

Neuerscheinung

Der völkische Antikapitalist

Björn Höckes Rhetorik erinnert strukturell an den antisemitischen Antikapitalismus der antiliberalen »Konservativen Revolution« und der Nationalsozialisten. Der Journalist Frederik Schindler analysiert in seinem neuen Buch über den Thüringer AfD-Chef dessen Weltbild. Ein Auszug

von Frederik Schindler  19.09.2025

Tel Aviv

»Du verfluchter Zionist!«: Constantin Schreiber wird beleidigt und bedroht

Der frühere Tagesschau-Sprecher wundert sich in einem Zeitungskommentar darüber, woher viele der Beleidigungen kommen: von links

 19.09.2025

Gesellschaft

Josef Schuster warnt vor AfD in Regierung: Juden könnten auswandern

Vor einer Regierungsbeteiligung der AfD warnt der Präsident der Juden in Deutschland. Jüdisches Leben sei dann in Deutschland nur noch schwer vorzustellen. Im Ernstfall könnte der Zentralrat zur Ausreise raten

von Matthias Jöran Berntsen  19.09.2025

Vereinte Nationen

USA verhindern Beschluss des Sicherheitsrats zu Gaza-Krieg

Die Trump-Regierung legte ihr Veto ein, weil der Text die Hamas nicht verurteilte. Alle anderen 14 Mitglieder stimmten dem Resolutionsentwurf zu

 19.09.2025

Interview

»Die Verantwortung der Hamas wird völlig ausgeklammert«

In der Deutschen Friedensgesellschaft ist ein Konflikt über den Gazakrieg entbrannt. Keno Goertz, der dem Verband Israelfeindlichkeit vorwirft, droht sogar der Rauswurf. Im Interview erzählt er, wie der Streit eskalieren konnte

von Joshua Schultheis  19.09.2025

Madrid

Merz und Sánchez bei Israel-Sanktionen uneins

Beim Merz-Besuch in Madrid prallen zwei unterschiedliche Positionen zu Israel aufeinander

 19.09.2025

München

Söder: CSU würde Sanktionen gegen Israel nicht zustimmen

Seine Partei sei auch gegen eine einseitige Anerkennung eines Palästinenserstaates, machte der CSU-Chef klar

 19.09.2025

Essay

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  19.09.2025 Aktualisiert