Einspruch

Humus der Gleichgültigkeit

Muslimische Kinder und Jugendliche bewerfen Juden mit Steinen. In Hannover. Im Jahr 2010. Der Vorfall müsste alle zusammenzucken lassen, die sich mit jenen Phänomenen befassen, die der Sozialwissenschaftler Wilhelm Heitmeyer »gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit« nennt. Doch die symbolische Steinigung von Hannover steht eher für »gruppenbezogene Gleichgültigkeit«. Der Aufschrei der nichtjüdischen Zivilgesellschaft ist arg leise, die Parolen »Nie wieder« und »Wehret den Anfängen« sind erst wieder für den 9. November vorgesehen. Die deutsche Öffentlichkeit ist anderweitig beschäftigt. Sie arbeitet sich lustvoll am »Tabu« Israelkritik ab.

debatte Wenn ein durchgeknallter Versager in Dresden einen abscheulichen Mord an einer Muslima begeht, dann vertieft sich die veröffentlichte Meinung in die Frage, was dieser Hass mit uns zu tun haben könnte. Ob wir einen gesellschaftlichen Humus verantworten, aus dem Islamfeindlichkeit wächst. Man kann das mit guten Argumenten sogar verneinen, ohne dass diese Debatte per se falsch wäre. Wenn Juden die Opfer sind, fällt die Diskussion aus. Dabei drängt sich die Erkenntnis auf: »So was kommt von so was.«

Im Internet blüht unter muslimischen Einwandererkindern der Antisemitismus. In Worms wird eine Synagoge angezündet. Polizeiführer verbieten Israelfahnen als Tuch der Provokation. Der Bundestag verurteilt den jüdischen Staat für das Kapern eines Free-Gaza-Schiffs, bevor er die Fakten kennt. Der Entwicklungshilfeminister stellt öffentlich die Legitimation Israels infrage, für das es »fünf vor zwölf« sei. In Hannover werfen muslimische Jugendliche Steine auf eine jüdische Tanzgruppe.

Ob das alles nur eine Aneinanderreihung von Einzelfällen ist, die nichts mit einer dramatisch veränderten Zusammensetzung jenes Humus zu tun hat, auf dem unsere Gesellschaft wächst? Man könnte ja mal drüber nachdenken.

Der Autor ist stellvertretender Leiter von www.ksta.de, dem Internetauftritt des Kölner Stadtanzeigers.

Berlin

Merz und Wegner nennen Lübcke-Statue geschmacklos

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) äußerte Unmut: Das Schicksal eines von einem Rechtsradikalen ermordeten Politiker zu instrumentalisieren, sei an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten

 04.12.2025

Bayern

Landtag wirbt für Yad Vashem-Außenstelle in München

Ein fraktionsübergreifenden Antrag – ohne Beteiligung der AfD - für eine Außenstelle der israelischen Gedenkstätte im Freistaat liegt vor

 04.12.2025

Ehrung

»Ahmad Mansour kämpft nicht gegen Symptome, sondern gegen Ursachen«

Der Islamismusexperte Ahmad Mansour wurde mit dem Hanns-Martin-Schleyer-Preis ausgezeichnet. Die Laudatio hielt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Wir dokumentieren die Rede

von Josef Schuster  04.12.2025

Kulturbetrieb

»Wie lange will das politische Deutschland noch zusehen?«

Der Bundestagskulturausschuss hörte Experten zum Thema Antisemitismus an. Uneins war man sich vor allem bei der Frage, wie weit die Kunstfreiheit geht

von Michael Thaidigsmann  04.12.2025

Graz

Verharmlosung von NS-Verbrechen: Haft für Deutschen in Österreich

Lange Haftstrafe für einen Publizisten: Was steckt hinter dem Urteil, und wie stufen Extremismusforscher seine bereits eingestellte Zeitschrift ein?

 04.12.2025

Analyse

Der Kanzler in Israel: Antritt mit Spannung

Friedrich Merz besucht am Samstag Israel. Die Beziehungen beider Länder sind so strapaziert wie selten zuvor. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die Reise des Bundeskanzlers

von Joshua Schultheis  04.12.2025

Preisvergabe

Charlotte Knobloch kritisiert Berichterstattung von Sophie von der Tann

Dass problematische Berichterstattung auch noch mit einem Preis ausgezeichnet werde, verschlage ihr die Sprache, sagt die Präsidentin der IKG München

 04.12.2025

USA

Netanjahu will trotz Mamdanis Warnung nach New York kommen

Der designierte Bürgermeister will Wege prüfen, den Haftbefehl des IStGH zu vollstrecken. Der israelische Regierungschef lässt sich davon nicht abschrecken

 04.12.2025

Verteidigung

Bundeswehr nimmt Raketenwehrsystem Arrow 3 in Betrieb

Deutschland baut als Reaktion auf die Bedrohung durch Russland die Luftverteidigung aus und hat ein System in Israel beschafft. Es soll feindliche Flugkörper schon in größter Höhe zerstören können

von Carsten Hoffmann  03.12.2025